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Krista Beinstein: BIO PORNO FOTO GRAFIEN

11. November 2016 – 27. Februar 2017

Vernissage: 10. November um 19:00 Uhr, Schwules Museum*

 

Krista Beinstein ist die Grande Dame der pornografischen Performance, Enfant terrible der Erotik-Fotografie und Vorreiterin des sexpositiven Feminismus. Das Schwule Museum* widmet ihr eine Schau mit einem Überblick über 30 Jahre Kunst der Grenzüberschreitungen, die so lässig – in der Wiener Bedeutung von unverfroren und dem Anschein nach mühelos – sind, dass Zuordnungen recht schnell an ihre Grenzen und darüber hinaus geführt werden müssen. Oder, wie es in einer Besprechung heißt: „Sie ist eine Ausnahmeerscheinung und eine radikale dazu. Seit Jahren (Jahrzehnten) beschäftigt sie sich mit der weiblichen Sexualität jenseits jeglicher Tabus.” (Magazin)

Wenn so die Grenzen von sexuellem und künstlerischem Engagement verwischt werden, trifft sich dies tatsächlich nicht schlecht mit Krista Beinsteins Haltung und ihrem mächtigen Antrieb, sich dem visuellen Erforschen einer Unabbildlichkeit namens Lust zu verschreiben: „Mir [ist] wichtig, dass ich meinen Rausch, mein Begehren, meine Geilheit sehe und das auch bei der Frau.“ (Sinfonie des Lebens)

Zensur und Gewalt besonders gegen ihre fotografischen Werke begleiten ihren Weg. Seien es die Bilder von Lederfrauen mit Schwänzen, die in den Anfängen der Frauenbewegung für identifikatorische Abbildungen des Feindbildes Mann gehalten wurden, seien es danach Bezugnahmen auf das mörderische Genießen der historischen Gräfin Elisabeth Barthory, die unzählige Mädchen ihren sadistischen Riten opferte.

Die Bilder von Krista Beinstein wurden wie Boten unliebsamer Nachrichten (vielleicht über die eigene Sexualität?) immer wieder attackiert, statt die fälligen Attacken gegen die konventionellen Normalisierungen auch des weiblichen Selbstbildes zu führen. Ihre Treffsicherheit im Skandalösen, dort, wo es erschreckt, weh tut und nicht in den Kanon der Kunst passt, zeichnet die Kunst Krista Beinsteins in ihren Performances, Videos und Fotoarbeiten aus.

Oft findet sich in den Arbeiten Monströses und Ausgegrenztes, die obszönen Unterseiten der gängigeren sexuellen Fantasien: als schockierende Verführungsangebote – Jahre und Jahrzehnte bevor popkulturell der Vampir das Sexuelle par excellence zu verkörpern hatte oder noch länger bevor das Vorzeigen der neuesten bunten Dildomodelle oder kunstpelzbezogenen Handschellen zu bieder-lesbischem Chic geworden war.

Dabei soll nicht allein ihr künstlerisches Werk gezeigt werden, sondern auch Beinsteins Rolle als Protagonistin der sogenannten feministischen „Sex Wars“ kontextualisiert werden. Die Sex Wars werden in den queeren Selbsterzählungen als wesentliche Initialzündung der neuen „queeren“ Bündnisse sexueller Außenseiter_innen verstanden, die in der AIDS-Krise immer mehr Gewicht gewannen und heute die genderpolitischen Aktivist_innenszenen prägen: gegen antischwule Ressentiments in der feministischen Bewegung und gegen assimilierende Tendenzen im schwul-lesbischen Mainstream und für eine sexpositive Kultur und eine „care revolution“, die die Zukunft der gesellschaftlichen Reproduktion nicht in der Wiederauflage heteronormativer Muster in gleichgeschlechtlichen Gatt_innen-Familien sieht. Krista Beinsteins Werk zeichnet die Disruptionen, Kontroversen und Verläufe dieser Diskurse vor und nach.

Die Ausstellung „Krista Beinstein: BIO PORNO FOTO GRAFIEN“ wird von Birgit Bosold und Claudia Reiche kuratiert.