Im 6. Programm der 12 Monde zeigen wir eine Auswahl an Dokumentarfilmen aus Monika Treuts umfangreichem Werk. Wir legen den Fokus auf ihre Passion für starke und widerständige Charaktere und begegnen Individualist_innen, die ihre eigenen Versionen von Feminismus entwerfen, willensstark ihre sexuelle und körperliche Selbstbestimmung verfolgen und unbeugsam ihren Weg gehen.
Monika Treut leistet seit über 30 Jahren sexualpolitische Pionier*innenarbeit im Medium Film. In Deutschland in den 80er Jahren unverstanden und geschmäht, wanderte sie in die USA aus und schloss sich in San Francisco und in New York City einer einzigartigen feministischen, sexpositiven und genderfluiden Community an, mit der und über die sie Filme drehte. Entstanden sind Werke wie Die Jungfrauenmaschine und My Father is Coming, die feministische und lesbisch-queere Filmgeschichte geschrieben haben.
Treut kehrte nach Deutschland zurück und wurde seitdem für ihr Schaffen gefeiert und mit Preisen geehrt. Arbeitsaufenthalte führten sie nach Brasilien und Taiwan, wo sie Dokumentar- und Spielfilme wie Kriegerin des Lichts und Ghosted realisierte. Rückschläge einzustecken und dabei nicht den Humor zu verlieren, ist schon immer eine von Treuts Stärken gewesen. Gerade ihr neuestes Filmvorhaben Gendernauts Revisited, aus dem wir unveröffentlichtes Rohmaterial in der 12 Monde Filmlounge zeigen wollten, musste wegen Finanzierungsschwierigkeiten verschoben werden. Dass die Gremien der Filmförderung in Zukunft divers besetzt und Budgets paritätisch verteilt werden, dafür setzt sich Treut als Mitglied von Pro Quote Film seit einigen Jahren engagiert ein.
Die Filme im 6. Programm
(Alle auf Englisch mit dt. UT)
In ihrem Film Gendernauts (D, 1999, 86 Min.) trifft Treut die „Gendermixer“ und „sexuellen Cyborgs“, die ihre Körper mit Hilfe neuer Technologien und biochemischer Prozesse verändern und binäre Geschlechterkategorien hinter sich lassen. Treut folgt in diesem Dokumentarfilm ihren Freund_innen – einer Gruppe von Künstler_innen – in ihren Kosmos im San Francisco der 90er Jahre, dem damaligen Zentrum der Homo- und Trans*bewegung. Ein nach wie vor hochaktueller Beitrag zur Biopolitik und dem Recht am eigenen Körper.
Demgegenüber entwickelte Camille Paglia, „anti-feministische“ (Fremdzu-schreibung) Feministin und amerikanische Professorin für Kulturwissenschaften, ihre eigene Theorie vom Zusammenhang von Sexualität und Gewalt, Natur und Kultur. Sie behauptet, niemand „könne seiner hormonellen Identität entkommen.“ Aktuell sind ihr Werk und ihre Person wieder in der Debatte aufgrund einer juristischen Auseinandersetzung um die Übersetzung ihres Buches Free Women, Free Men im neurechten Antaios Verlag. Der Kurzfilm über die streitbare Dr. Paglia (D, 1992, 23 Min.) gewährt Einblicke in Psyche und Begehren dieser kompromisslosen Frau.
Kompromisslos geht auch Eva Norvind ihren Weg. Der Dokumentarfilm
Didn’t Do It For Love (D, 1997, 80 Min.) zeichnet ihren Erfolg als Showgirl in Paris und in Québec, ihre Karriere als blonde Sexbombe im mexikanischen Filmgeschäft, als Fotografin und Journalistin, als Domina und später als studierte SM-Pädagogin in New York nach. Sie gibt sich als kühles Machismo-Superweib und polternde Selbstdarstellerin. Doch gleichwohl fällt der Blick auf die fragilen Momente, in denen Eva ihr Scheitern eingesteht und ihr Leben immer wieder in eine neue Bahn lenkt. Treut nennt ihren Film die “Geschichte einer Odyssee durch die Wildnis der Sexualität“, Blickpunkt Film „eine Spurensuche in den Grenzgebieten sexualpathologischen Feminismus“, Emily Barton vom Time Out, New York adelt Norvind als „große zeitgenössische Revolutionärin“. Ein dichtes, unvoreingenommenes Portrait eines außergewöhnlichen Lebensweges.
Team
Kuration: Vera Hofmann
Projektassistenz: Felix Roadkill
Szenographie mit Carolin Dießner und Théo Demans
12 Monde wird im Rahmen des Projekts Jahr der Frau_en von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa gefördert.