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Erich Paproth. Spuren.

20. März 2025 – 16. Juni 2025

Erich Paproth (1955-2017) war ein vielseitiger Künstler, Kurator und Mäzen. Diese Ausstellung würdigt sein Vermächtnis und ist ein Dank dafür, dass er dem Schwulen Museum testamentarisch sein  gesamtes Vermögen vermacht hat. Seinem Wunsch gemäß ermöglichte seine großzügige Zuwendung die Gründung einer Stiftung, die sich der Förderung queerer Kunst und Kultur widmet.

Er wurde 1955 in Krefeld geboren und wuchs in einem Unternehmenshaushalt auf. Durch seine kunstbegeisterte Mutter kam er früh mit Werken der ebenfalls aus Krefeld stammenden Künstler Joseph Beuys und Herbert Zangs sowie der Düsseldorfer Gruppe Zero um Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker in Berührung. Später prägten ihn auch die Arbeiten von Antoni Tàpies und Christian Boltanski. Obwohl sein Wunsch, Kunst zu studieren, am Widerstand seiner Eltern scheiterte, ließ er sich nicht davon abhalten, seinen künstlerischen Weg zu gehen. Zunächst studierte er evangelische Theologie und wechselte dann zu Geschichte mit dem Schwerpunkt der Vor- und Frühgeschichte. Parallel dazu entwickelte er autodidaktisch seine künstlerische Praxis. 1985 promovierte er an der Universität Bochum mit einer Arbeit zur „Musealen Vermittlung ur- und frühgeschichtlicher Forschungsergebnisse“. Danach zog er nach Berlin, wo er bis zu seinem Tod lebte.

In den 1980er Jahren setzte sich Paproth intensiv mit dem Thema Sexualität auseinander, insbesondere mit seiner eigenen Homosexualität. Inspiriert vom Expressionismus, den „Jungen Wilden“ und der aus der italienischen Arte Povera hervorgegangenen Kunstbewegung Transavantgarde schuf er Werke, die persönliche und gesellschaftliche Tabus hinterfragten. Später ließ er sich von der frühgeschichtlichen Höhlenmalerei inspirieren und fand zu abstrakteren Bildsprachen. Die komplizierten Verbindungen von Vergangenheit und Gegenwart wurden zu einem zentralen Thema seiner Kunst. Dabei nutzte er die Spuren der Zeit – Zerstörung und Vergänglichkeit – und experimentierte mit Techniken wie dem Ätzen, Patinieren oder dem Einsatz von Feuer und Säuren.

1991 zerstörte ein Brand in seinem Atelier einen Großteil seiner Arbeiten. Dieser Verlust beeinflusste sein Schaffen nachhaltig und führte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Bibliothek von Alexandria, dem bedeutendsten Wissensspeicher der Antike und der wirkmächtigen Legende, nach der ihre Bestände einem Feuer zum Opfer gefallen seien. Seit den späten 1990er Jahren wandte Paproth sich der Buchkunst zu. Als künstlerische Antwort auf den 11. September 2001 schuf er ein Künstlerbuch, das in die Sammlung der Neuen Bibliothek von Alexandria aufgenommen wurde. Bei der Eröffnung der Bibliothek im Jahr 2002 knüpfte er Kontakte zu arabischen Buchkünstler*innen und kuratierte in der Folge Präsentationen zeitgenössischer arabischer Buchkunst, die auf Buchmessen, in Galerien und 2009 in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg gezeigt wurden. Seine eigenen Buchkunstwerke, Unikate in der Tradition abstrakter, materialorientierter Malerei, wurden international ausgestellt und fanden große Anerkennung.

Paproths Leben war geprägt von Phasen des künstlerischen Schaffens, aber auch von Zeiten, in denen er sich anderen Herausforderungen widmete. Von 1986 bis 1989 betrieb er den erfolgreichen Schuhhandel Zapato, später engagierte er sich in der Immobilienbranche und realisierte ein gemeinschaftliches Wohnprojekt. Der Traum vom Leben am Meer begleitete ihn zeitlebens. Zahlreiche Reisen führten ihn durch Europa, insbesondere nach Spanien, sowie nach Indien und in den Nahen Osten. In einer Therapie 2006/07 setzte er sich intensiv mit seiner eigenen Biographie auseinander, was eine weitere produktive künstlerische Phase auslöste. In dieser Zeit entstanden großformatige Gemälde, Objekte und Kunstbücher, die erneut Bezüge zu Herbert Zangs und Joseph Beuys herstellten.

Erich Paproth starb 2017 überraschend im Alter von nur 61 Jahren. Sein vielseitiges Werk und sein Engagement für die Kunst bleiben jedoch lebendig. Diese Ausstellung bietet einen Einblick in sein facettenreiches Schaffen und lädt dazu ein, sein künstlerisches Erbe zu entdecken und zu würdigen.

 

Kuration: Birgit Bosold & Andreas Sternweiler

Abbildung: Erich Paproth, o.T., ca. 1980, Kreide auf Karton, Ausschnitt (Foto: Jan Künemund)