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„Es kann sein, dass ich Fieber habe, wegen mir und wegen Dir, einfach aus Liebe…“ – Eine fotografische Annäherung von Christoph Burtscher an ein Leben mit HIV

7. November 2002 – 17. Februar 2003

„Wir sind alle in Gefahr“, meinte in einem Interview kurz vor seiner Ermordung Pier Paolo Pasolini. Seine Äußerung war damals freilich nicht auf jene Krankheit gemünzt, die seit den frühen 80-er Jahren erst als „gay-cancer“, gegenwärtig als AIDS die Öffentlichkeit beunruhigt. Dennoch lässt sich die Warnung auch im Schatten der todbringenden Infektion verstehen.

Durch sie ist die intime Hingabe Liebender gefährlich geworden – wie zu den Zeiten der Syphilis, als der Wunsch nach ungeschützter Verschmelzung, Nähe und Zuneigung schon einmal lebensgefährlich war.

In Gefahr geraten ist auch ein liebevoller Umgang zwischen den Menschen. Viele HIV-Positive und AIDS-Kranke vermissen Zuneigung, Achtung und Wärme. Viele gesunde Menschen tragen die Angst vor den Betroffenen im Herzen.

In einer „perfekten Welt“ sind wir letztlich alle in Gefahr, gleichgültig ob wir auf der Seite der (scheinbar) Gesunden oder der (scheinbar) Kranken stehen.

32 Fotografien im Format 24×36 greifen das gegenwärtige Drama der Liebe auf. Die daraus entstandene Arbeit lädt den Betrachter ein, sich der eigenen Abhängigkeit und Verletzlichkeit bewußt zu werden.

So deutet etwa ein Requisit aus Kindertagen, das Bild des Pinocchio, das Angewiesensein eines jeden Menschen auf andere an. Wobei freilich Schwerkranke, Behinderte, Alte ähnlich Kindern diese Abhängigkeit intensiver erleben mögen.

Ein anderes Bild, Torna a Surriento, hebt die medizinische Dimension der alltäglichen Abhängigkeit vieler HIV-Positiver hervor: Täglich leben sie mit neu entwickelten Medikamenten, die einerseits Lebensperspektiven eröffnen, andererseits beträchtliche Nebenwirkungen haben können. Diarrhoe ist nur eine von vielen.

Die Entfernung von gefährlich gewordenen Leberflecken sind fotografische Beispiele für Krankheitserfahrungen, die wir alle bereits erlebt haben.

Die Präsentation der Fotografien durchbricht gewöhnliche Sehweisen unserer immer schnelllebiger werdenden Welt, indem beispielsweise das Motiv der Armbeuge unverändert viermal gezeigt wird – mindestens viermal im Jahr unterziehen sich HIV-positive Menschen einer Blutuntersuchung.

Das Bild Gründonnerstag 2002 eröffnet die zur Zeit letzte Bildersequenz. Der Mond steht einerseits als Symbol für Liebe, die – wie der Titel bereits andeutet – durch die Krankheit AIDS wieder lebensgefährlich geworden ist. Andererseits ist der Vollmond der Karwoche eine Andeutung für schlaflose Nächte, für Leiden und Angst vor dem körperlichen Verfall.

Organisation: Wolfgang Theis