Einmal danach gefragt, welche Rolle bei seiner Arbeit die Vergänglichkeit spiele, antwortete er: „Sie gibt mir den Anlass.“ Martin E. Kautter verweigert sich den Moden und Effekten, der Vordergründigkeit von Abbild und Mitteilung, der Beschönigung und all den Posen, hinter denen wir uns gern verbergen. Er fotografiert aus einer Demut heraus, die um unsere Zerbrechlichkeit weiß, das Unwiederholbare.
Seine Bilder feiern das Leben und trauern zugleich, wollen erinnern und bewahren. So steht er immer etwas kantig in der Landschaft unserer lauten Tage, einer Kunst verpflichtet, die Wahrhaftigkeit sucht, und die Karawane des Mainstreams zieht an ihm vorbei.
1955 in Süddeutschland geboren und zum Lehrer ausgebildet, verschrieb er sich bald völlig der Fotografie, lebte in Freiburg und Wien, bekam die ersten Ausstellungen und Aufträge für Zeitungen und Magazine. Als die Mauer fiel, zog es ihn in das erwachende Berlin – er blieb für fünfzehn Jahre.
Seine Motivauswahl seit den Siebzigern ist weit gespannt. Billeteure der Wiener Oper. Mönche im Augustinerkloster. Berliner Totengräber. Die zugewachsenen Ruinen der Küstriner Altstadt. Im Zentrum jedoch der menschliche Körper, in Gänze und im radikalen Ausschnitt.
Seine Schwänze, auf einsachtzig vergrößert und jeder in seiner persönlichen Verfassung, waren umstrittene Portraits der besonderen Art. Die Sexualität, Obsession und Ernüchterung. Das Gesicht. Die Jugend, nur ein Augenblick. Viele bekannte Künstler aller Sparten, der Komponist Henze, der Regisseur Jarman, Walter Jens, Mario Wirz und Christoph Hein. Dazwischen Blumen, das Blühen und Verblühen, stumm. In Langzeitstudien Liebhaber und Freunde, Gefährten für ein Wegstück von ungewisser Dauer, und schließlich sein eigener Vater, im Leben und im Tod.
Kuratoren: Wolfgang Theis, Martin E. Kautter