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Frenchy: Damenimitator, Tavestielokalbesitzer und Kostümschneider

11. Juli 2007 – 31. Dezember 2007

Frenchy, mit bürgerlichem Namen Harald Linss, wurde 1936 in Wolfshagen bei Kassel geboren. Schon im Alter von 15 Jahren war ihm klar, dass er als Damenimitator auftreten wollte. Ausschlaggebend war ein Besuch mit seinem Vater in einem Travestielokal in Hamburg, wohin die Familie nach dem Krieg gezogen war: „Als ich die Männer in Frauenkleidern sah, hat es sofort bei mir gefunkt, und ich dachte, eines Tages möchte ich auch so auf der Bühne stehen.“

Frenchy absolvierte eine Lehre als Schaufenster-Dekorateur im Deutschen Familienkaufhaus und arbeitete in der Bremer Filiale. Kurz vor seinem 21. Geburtstag kündigte er und ging nach Paris. Hier fand er 1958 ein Engagement im Chez Madame Arthur und gehörte für die nächsten drei Jahre zum Ensemble des weltbekannten Cabarets auf dem Montmartre. Anfangs trat Frenchy unter dem Künstlernamen Zarah auf und sang Lieder von Zarah Leander. „Später arbeitete ich mit einem fast gleich großen Schweizer zusammen, der sich Everest nannte. Mit meinen 1,94 m bildeten wir die Hi-Fi-Sisters nach dem neuen High Fidelity Sound für Schallplatten. Schließlich waren wir beide ebenfalls ein neues Hörerlebnis!“

In den nächsten Jahren führten ihn Tourneen und Shows auf nahezu alle Travestie- und Revue-Bühnen Europas. Mit seinem neuen Bühnenpartner Orèl trat er in Mailand, Stockholm und Berlin auf. Zum Namen Frenchy war er während eines Engagements in Wiesbaden gekommen, wo er einen Amerikaner kennenlernte, der sich so nannte. „Bisher kannte ich den Namen nur von Marlene Dietrich aus dem Film Der große Bluff. Es musste ein Unisex-Name sein, also wie geschaffen für mich!“

Frenchy steht in der Tradition jener Damenimitatoren, deren Kunst es ist, eine „perfekte Frau“ zu imitieren. Seine Verwandlung erfolgte mithilfe ausgefeilten Make-ups und aufwändiger, selbst entworfener und geschneiderter Kostüme, ohne Einsatz von Hormonen, Silikon oder plastischer Chirurgie. Zu seinem Bühnen-Image gehörte auch der Klang der eigenen Stimme, kein Playback. Die perfekte Inszenierung wurde gleichzeitig parodiert, wenn sich der Künstler am Ende der Show wieder als Mann zu erkennen gab.

Ende 1964 übernahm Frenchy zusammen mit dem Damenimitator Lady Jane in Hamburg das Intermezzo – Le Monocle. Das kleine, im Tuntenbarock eingerichtete Travestielokal war 1956 vom Damenimitator Madame Lester (Kurt Unger) eröffnet worden. Raum für die Auftritte bot eine winzige Tanzfläche, nicht größer als ein Küchentisch, um die sich auch so prominente Gäste wie Ivan Rebroff, Gert Fröbe und Peter Kraus scharten.

1968 zog sich Frenchy aus dem Geschäft zurück und eröffnete in Hamburg Frenchy´s Artistenbazar, 1974 in Frenchy´s Modebedarf umbenannt. Neben dem Verkauf von Strass, Nieten und Federboas entwarf und schneiderte Frenchy Kostüme, die sein Freund und Kompagnon Anton Reisinger bestickte. Bekannt waren sie für ihre Pailletten-Arrangements, sie prägten fast 30 Jahre lang die Travestie-, Strip- und Kabarettszene. Seit dem Verkauf des Geschäfts Mitte der 1990er Jahre und dem Tod seines Freundes lebt Frenchy heute zurückgezogen in Hamburg.

Kurator: Karl-Heinz Steinle