Bei der Vorbereitung der Ausstellung zum Hundertsten Geburtstag der Schwulenbewegung entdeckten wir in vielen amerikanischen Archiven großformatige Fotos des Hamburger Fotografen Gerhard Pohl. Nach seinem Tod (an den Folgen von Aids) schien das Werk verschollen. Unsere Recherchen führten dann zu seinem Lebensgefährten Lars Borgen, der in Dänemark lebt und den nachlass verwaltet.
Pohls Obsessionen kreisen um Leder, Sadismus und Masochismus. Seine großformatigen und beim Vergrößern zusätzlich beleuchteten Schwarzweiß-Abzüge entfalten eine erotische Kraft, die für den Entstehungszeitraum ungewöhnlich ist. Der besondere Reiz seiner Arbeiten ergibt sich aus der Tiefenschärfe, die die Objekte seiner Begierde fast abstrahiert. Der Betrachter wird mit schwulen Wunschbildern konfrontiert, die in ihrer theatralischen Inszenierung ganz selbstverständlich erscheinen. Momente er Unterwerfung sind in strenge Tableaus gebannt oder kommen frech als plakative Werbung einher. Die Arbeiten sind in der Zeit von 1966 bis 1980 entstanden. Seine Modelle waren Freunde und Liebhaber. Die Abzüge sind alle 1980-81 von Gerhard Pohl als Handabzüge für seine erste Ausstellung in der Galerie Leslie & Lohman in New York angefertigt worden.
Seine Videoarbeiten sind pornographisch, Wir zeigen in der Ausstellung frühe Filme aus den 70er Jahren, die besonders durch ungewöhnliche Schnitte, Kamerastandpunkte und den ironischen Einsatz von Musik bestehen. Gezeigt wird alles, was in der Zeit vor Aids in New York, im Mekka der Schwulen, getrieben wurde und das hat alle schockiert. Wir weisen darauf hin, dass diese Arbeiten nicht jugendfrei sind.
Das Schwule Museum hat in loser Folge Obsessionen in den Mittelpunkt von Ausstellungen gerückt. Gerhard Pohls Arbeiten knüpfen an die Ikonographie der Zeichnungen von Tom of Finland an, mit dem er befreundet war und dessen Euvre ebenfalls im Schwulen Museum präsentiert wurde. Gleichzeitig zur Retrospektive von Gerhard Pohls Werk zeigen wir eine Werkschau des Berliner Fotografen Norbert Heuler. Die Zusammenschau der stark kontrastierenden Arbeiten soll unsere Reihe schwuler Aktfotografie fortsetzen und die Diskussion über die Darstellung schwuler Lüste in der Fotografie beleben.
Kurator: Wolfgang Theis