Love at First Fight! Queere Bewegungen in Deutschland seit Stonewall
In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 stürmt die Polizei die New Yorker Bar Stonewall Inn – wiedermal, aber einmal zuviel. Denn die Gäste haben genug: queere Menschen aller Geschlechter, darunter viele People of Color, wehren sich gegen die routinierte Schikane. Jahrzehnte aufgestauter Wut entladen sich in einem tagelangen Aufstand rund um die New Yorker Christopher Street. Und setzen von dort aus einen Impuls zur queeren Emanzipation auf der ganzen Welt.
Schon oft wurde diese Geschichte erzählt, meist als schwule Erfolgsgeschichte mit Happy End in bürgerlicher Anerkennung. Doch für viele hat der Kampf nie aufgehört. Deswegen will die Ausstellung Love at First Fight! im Schwulen Museum neue Wege und Perspektiven öffnen: auf (mehr als) 50 Jahre queeren Widerstand in der BRD, der DDR und schließlich im wiedervereinigten Deutschland.
Entstanden ist die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut und der Bundeszentrale für Politische Bildung: als etwa 100 Exponate umfassende Wanderausstellung, die überall auf der Welt gezeigt werden kann und soll, kuratiert von Birgit Bosold und Collin Klugbauer vom Schwulen Museum in Berlin. Gezeigt wird manifestierter Widerstand: Plakate aus anderen Zeiten, Flyer, gedruckte Protestaufrufe, Underground-Fanzines, Streitschriften – denn die Ausstellung schaut auch überall dorthin, wo es geruckelt hat in der Bewegung: zu den frühen Lederschwulen-Treffpunkten in Kreuzberg etwa, oder zur feministischen Szene der DDR, zum legendären Tuntentstreit der linken Schwulen, zum so genannten Hexenprozess von Itzehoe, zur Gründung des Netzwerks Schwarzer Frauen in Deutschland, oder auch zu den heutigen Protestaktionen der trans* Bewegung.
Das Besondere: Love at First Fight ist eine Ausstellung „on demand“ – sie existiert komplett digital und kann überall auf der Welt mit einfachsten Mitteln aufgebaut werden. Die von den renommierten Berliner Szenografie-Agentur chezweitz entworfene Ausstellungsarchitektur ist so raffiniert wie simpel: Die Exponate lassen sich auf Träger wie Leinwände, Plakate, T-Shirts, Flyer oder Klebebänder drucken und dann auf mobilen Ständern im Raum installieren. „Wir haben uns dagegen entschieden, einfach irgendwas an die Wände zu hängen“, sagt Birgit Bosold, die schon für die legendäre SMU-Ausstellung Homosexualität_en mit chezweitz zusammengerabeitet hat. „Unsere Ausstellung soll ihren eigenen Raum erzeugen und eine Stimmung herstellen, die den Grundton unserer Narrative spiegelt.“
Und damit ist auch eine Lust am Wilden, am Chaotischen gemeint. „Wir zeigen ja auch nicht die eine chronologische Geschichte, die den Anspruch auf alleinige, objektiv historische Richtigkeit vertritt“, sagt Co-Kuratorin Collin Klugbauer. „Wir legen den Fokus auf verschiedene Konflikte und Interventionen in der Bewegungsgeschichte, auch innerhalb der Bewegung selbst. Auf die Debatten, die geführt wurden oder weiter geführt werden müssen, auch mal in rauerem Ton. Und der kann sich gern auch in der Ausstellung wiederfinden.“
Wird er.