Fotos nackter Männer waren seit Beginn der Fotografie eine Domäne schwuler Fotografen. Gesellschaftlich im Bereich der Obszönen angesiedelt, gelang es allerdings nur wenigen Fotografen, mit Aktfotografie Karriere zu machen. Ausnahmen wie Wilhelm von Gloeden bestätigen eher die Regel. Die meisten namhaften Fotografen zeigten ihre Aktproduktion, sofern es sich um Männerakte handelte, nur dem engsten Vertrautenkreis. Erst posthum konnten ihre Arbeiten erschienen. Die gesellschaftliche Ächtung der Homosexualität beeinflusste auch die Ästhetik der männlichen Aktfotografie. Nicht die Erweckung sinnlicher Gelüste, sondern die Schaffung möglichst anerkannter Metaphern, wie die der Griechischen Antike prägen das bild des Männeraktes. Für Eingeweihte entstanden gewagtere Fotos. Fotografien wie George Platt Lynes haben schon in den 30er und 40er Jahren viele der Bildkompositionen vorweg genommen, die bis heute die männliche Aktfotografie dominieren.
Als Auftakt einer Serie zur Geschichte der männlichen Aktfotografie präsentiert das Schwule Museum Arbeiten Berliner Fotografen, die sich auf unterschiedlichste Art dem Thema des männlichen Körpers annähern. Die Spannweite reicht vom Pin-up-Foto über die anspielungsreiche Inszenierung, die ihre Vorbilder kenntnisreich zitiert, bis zur Neuschöpfung und Überschreitung des Genres. Auffallend ist eine Tendenz zur Fragmentisierung des Körpers. Ausgewählt wurden vorwiegend neuere Arbeiten. Zu sehen sind wichtige Fotoserien, wie die Paarbilder von Helmut Röttgen, die 1980 in der renommierten Fotogalerie Nagel erstmals gezeigt wurden, und zehn Arbeiten von Jürgen Baldiga. Sein radikaler Witz, seine Aggressivität im Kampf gegen das Sterben an AIDS haben seinen Tod überdauert. Verfall und Tod spielen in der zeitgenössischen schwulen Aktfotografie nur eine marginale Rolle. Dominant ist der junge Körper. Gerade in der Aktfotografie feiert der Jugendkult der schwulen Subkulturen wahrhafte Triumphe.
Die Auswahl der Fotos wurde in Zusammenarbeit mit den Fotografen getroffen. Siebzehn subjektive Blicke zeigen einen repräsentativen Querschnitt der Möglichkeiten heutiger Aktfotografie.
Kurator: Wolfgang Theis