Werner Schroeter (†) steht als Filmemacher neben Fassbinder, Herzog oder Wenders als einer der wichtigsten Exponenten des jungen deutschen Kinos der 70er und 80er Jahre. Ebenso feierte er als Theater- und Opernregisseur große internationale Erfolge. Dabei kennzeichnet eine radikale Experimentierfreudigkeit sein Werk ebenso wie eine große, geistige Unabhängigkeit. Für Schroeter waren neben der Oper immer Frauen die stärksten Inspirationsquellen. Die Hommage im Schwulen Museum greift diesen Aspekt seines Schaffens auf und ehrt den Regisseur, den Menschen, seine Freund_innen und Mitarbeiter_innen.
Frauen sind Mittelpunkt in Werner Schroeters Schaffen. Um Frauen dreht sich alles. Frauen waren seine engsten Mitarbeiter und Vertraute. Frauen begeisterten Schroeter. Mit Frauen entwickelte er seine surrealen Melodramen, seine musikdurchwirkten Collagen. Frauen heben bei ihm die Geschlechtergrenzen auf: Sie spielen männliche Charaktere pointierter, als das die wenigen männlichen Wesen in seinen frühen Filmen vermochten. Seine Stars heißen Carla Aulaulu, Magdalena Montezuma, Christine Kaufmann, Ellen Umlauf, Ingrid Caven – und später gesellen sich nach den vielen Opernstars, Bulle Ogier und Isabelle Huppert zu den engen Freundinnen. Alberte Barsacq entwarf seit 1977 fast alle Bühnenbilder und viele Ausstattungen seiner Filme. Elfi Mikesch führte in vier seiner Filme die Kamera und Juliane Lorenz und Ila von Hasperg arbeiteten für ihn als Cutterinnen. Am Anfang aber stand die Verehrung für Maria Callas. Schroeter war von ihrer Stimme und Ausstrahlung betört. Er hat die Diva persönlich kennen gelernt. Sein frühes Werk ist ohne die Callas nicht denkbar. Aber auch nicht ohne Caterina Valente. Die Tonebene ist bei Werner Schroeter autark, sie kommentiert und greift beständig in die Bildebene ein, der Ton ist oft asynchron, schwebt als ironisches Zitat über dem Geschehen. Neben Werken der Hochkultur – Verdi, Wagner, Strauss, Rossini – tritt Triviales: Volksmusik und Schlager, alles wird zu einer neuen Einheit collagiert. Die Franzosen lieben Schroeters Filme. In Frankreich ist Schroeter das deutsche Genie.
Beim Experimentalfilmfestival in Knokke lernt Schroeter 1967 Rosa von Praunheim kennen. Für die nächsten Jahre sind die beiden ein äußerst kreatives Paar, das zusammen Filme macht, Stars kreiert und für Furore sorgt. Anders als Praunheim, der seine Homosexualität agitatorisch wendet, versteht sich Schroeter als Künstler, dessen Homosexualität ein selbstverständlicher Bestandteil seiner Kunst und Persönlichkeit ist. Er fühlt sich nicht unterdrückt. Seine Homosexualität beschreibt er in Interviews als Chance, sich Frauen zuzuwenden. Mit Magdalena Montezuma, die sein Werk prägt, arbeitet und lebt Schroeter bis zu ihrem Krebstod, eng zusammen. Diese künstlerische Symbiose setzte sich auch in Schroeters Theaterarbeit fort. Sein fulminanter Einstieg in die Theaterkarriere 1972 mit der streng choreographierten Emilia Galotti am Deutschen Schauspielhaus Hamburg eröffnet eine lange Reihe von Inszenierungen, die immer für Skandale und Erregungen, aber auch für Enthusiasmus sorgten. Als Opernregisseur ist er geschätzt, und seine Sänger eilen herbei, wenn er sie um Mitarbeit bittet.
Fassbinder hat Schroeter verehrt und nach eigener Aussage, viel von ihm gelernt, Nach ihm haben Daniel Schmid, Ulrike Ottinger, Walter Bockmeyer und vor allem auch Syberberg Entscheidendes bei Schroeter abgeguckt. Unsere Hommage ehrt den Regisseur, den Menschen, seine Freunde und Mitarbeiter. Der erste Raum widmet sich dem filmischen Schaffen, wobei die Diven im Mittelpunkt stehen. Ein kleines Kabinett zeigt die Zusammenarbeit mit Elfi Mikesch, und im zweiten Raum stehen die Theaterinszenierungen und das öffentliche Bild Schroeters im Vordergrund. Die Exponate stammen überwiegend aus der Sammlung Werner Schroeter, die die Deutsche Kinemathek im Jahr 2000 erworben hat.
Kurator: Wolfgang Theis