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Michel Foucault (15. Oktober 1926 – 25. Juni 1984) – Hommage zum zwanzigsten Todestag

16. Juni 2004 – 18. Oktober 2004

Pünktlich zum zwanzigsten Todestag widmet das Schwule Museum Michel Foucault eine Ausstellung, die Leben und Werk des nach Jean-Paul Sartre wichtigsten französischen Denkers würdigt. Ihm ging es nicht um die Philosophie an sich, sondern um philosophieren als politische Betätigung, um Veränderung des Etablierten. Was die Frage aufwirft: Wie stellt man Philosophie im Museum aus? Der Kurator hat sich für das Prinzip der Collage entschieden, das durchaus auch eine Entsprechung in Foucaults historischen Untersuchungen findet.

Eine Installation aus Foucault-Zitaten empfängt den Besucher, verleitet ihn zum genauen Hinsehen, zum Lesen. Die Texte werden als grafisches Mittel eingesetzt, um das Gedankengebäude Foucaults anschaulich zu machen. Alle Wände des ersten Raums sind mit Texten tapeziert, wobei Passagen zur Sexualität überwiegen. Vor, auf und über diesen Texten lagert sich eine weitere Schicht der Foucault-Rezeption ab. Einschätzungen, Liebeserklärungen, aber auch gehässige Bemerkungen und Portraits von Zeitgenossen zieren die Stirnseite des Raumes. Flankiert werden sie von Nietzsche, Marx und Freud, deren Werke ganz unterschiedliche Spuren im Denken Foucaults hinterlassen haben. Maurice Henrys berühmte Karikatur Das Treffen der Strukturalisten, groß auf eine Stellwand appliziert, gibt Gelegenheit sich mit dem Strukturalismus und Foucault zu beschäftigen. Eine erkennungsdienstliche Vorrichtung aus dem 19. Jahrhundert, bestehend aus Stuhl, Kamera und Maßstab illustriert mit der vergrößerten Anfangsseite aus Überwachen und Strafen Foucaults bekanntestes Werk. Vor einer Wand mit Graffitis der Studentenbewegung aus dem Jahr 1968 ragen zwei Säulen mit Collagen. Auf der einen Foucault, auf der anderen sein Widersacher Jean-Paul Sartre, davor ein Pult mit Texten, die ihre Beziehung nachzeichnen. Gerahmt wird diese Konfrontation einerseits von der künstlerischen Arbeit Rinaldo Hopfs, der Foucault großformatig auf die Buchseiten von Die Sorge um sich aquarelliert hat, und andererseits von politischen Aktionen, die als Text- und Bildzitate eine ganze Wand einnehmen. Dazwischen von der Decke abgehängt Portraits der wichtigsten Freunde, Liebhaber und Vorbilder Foucaults mit biographischen Anmerkungen. Vergrößerte griechische Vasenmalerei lenkt das Auge auf das leider unvollendet gebliebene Spätwerk und gibt eine Passage frei, die den Besucher in die Welt der Saunen und Bäder führt.

Der zweite Raum ist für die Bücher, Dokumente, Plakate und Fotos reserviert, die vom Merve Verlag, Berlin, dem Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main und von vielen Privatpersonen überlassen wurden.

1959 hat der Schriftsteller, Afrikaforscher und Vorkämpfer für die Emanzipation der Homosexuellen, Rolf Italiaander, auf Betreiben von Foucault im Hamburger Institut français eine Ausstellung mit Kupferstichen afrikanischer Künstler organisiert. Foucault war damals für ein Jahr Direktor des Instituts. Die Exponate dieser Ausstellung konnten wir vom Museum Rade am Schloß Reinbek ausleihen. Sie sind seit der Hamburger Ausstellung erstmals wieder zu sehen. Ergänzt werden sie durch Italiaander-Fotos und Texten aus einem Brief Foucaults an Italiaander.

Die Hommagen-Reihe, die bisher vorwiegend schwule Regisseure, Schauspieler und Schriftsteller geehrt hat, erschließt sich mit der Foucault Präsentation neue Möglichkeiten. Leben und Werk Foucaults soll dem Besucher des Schwulen Museums nahe gebracht werden, ihn neugierig machen, ihn zum Lesen verführen aber auch dem Kenner des Werkes neue Aspekte eröffnen. Wichtige Exponate stammen vom Deutschen Historischen Museum, vom Filmmuseum Berlin und von der Polizeihistorischen Sammlung.

Kurator: Wolfgang Theis