Am 7. März eröffnet die Ausstellung Objects of Desire im Schwulen Museum.
Kuratiert von einem Kollektiv von Sexarbeiter*innen werden alltägliche Geschichten der Sexarbeit präsentiert. Zentrale Protagonisten der Schau sind dabei Objekte, die die Gruppe über umfassende Feldforschung im vergangenen Jahr in Berlin zusammengetragen hat – vom handbemalten Teelichthalter über ein Fahrrad mit Highheel-Apparatur zum hochwertigen Analtunnel. Jedes Artefakt erzählt einen anderen Blickwinkel aus der Sexarbeit als Arbeit. Die Exponate changieren zwischen Alltäglichem, Skurrilem und Poetischem und unterstreichen mit ihren Geschichten aus der Praxis die materiellen Politiken der Berliner Sexarbeit. Es entsteht ein dichtes und komplexes Porträt, das die unterschiedlichen Arten und Weisen betont, mit denen Sexarbeiter*innen ihre Beziehungen zu Kund*innen, Liebhaber*innen, ihren Familien, der Öffentlichkeit und der Gesetzeslage organisieren.
Den dokumentarischen ‘Objects of Desire’ werden in der Ausstellung Kunstwerke von ebenfalls in der Sexarbeit aktiven Künstler*innen gegenübergestellt. Die Arbeiten sind Reaktionen auf die Geschichten, Themen und Objekte des Archivs und reichen von Live-Performances über Installationen, Skulpturen, Fotografien und Videoarbeiten. Thematisiert wird beispielsweise die Fetischisierung nationaler Identitäten, ein begehbares astrologisches Arbeitsstudio lädt zum Probieren ein und Origami-Kreationen zeugen von Beschäftigungsstrategien bei Flaute im Bordell. Eine Reihe von Veranstaltungen und Workshops begleitet die Ausstellung bis zum 1. Juni.
Von besonderer Aktualität ist das Projekt wegen des Mitte 2017 neu eingeführten Prostitutionsschutzgesetzes. Das Gesetz soll Sexarbeit in Deutschland regulieren und verpflichtet Sexarbeiter*innen, ihre persönlichen Daten aktenkundig zu machen. Bereits vor seinem Inkrafttreten wurde das Gesetz von Menschenrechtsaktivist*innen, Sexarbeits-Vertreter*innen und Gesundheitsorganisationen scharf kritisiert. Objects of Desire interviewte Sexarbeiter*innen im Jahr nach Einführung des Gesetzes und stieß auf eine Atmosphäre rechtlicher Unsicherheit. Die in der Ausstellung präsentierten Erfahrungen von Sexarbeiter*innen bieten einen lebendigen und nuancenreichen Beitrag zur aktuellen Debatte rund um das neue Gesetz.
Während sich Sexarbeiter*innenorganisationen weltweit weiterhin für die Entkriminalisierung der Sexarbeit einsetzen, um effektiv Arbeitsbedingungen zu verbessern und Rechtsschutz zu gewährleisten, werden die Stimmen von Sexarbeiter*innen selbst in öffentlichen Debatten immer wieder ausgeschlossen. Objects of Desire holt sich als Zusammenschluss von Sexarbeiter*innen, Künstler*innen und Anthropolog*innen die Deutungshoheit zurück und lässt eine Vielfalt von Menschen aus der Arbeit selbst zu Wort kommen.
Die erste Ausstellung des Kollektivs fand im August 2016 in London statt und gründete auf Feldforschungen in der britischen Hauptstadt. Neben temporären Ausstellungen baut das Kollektiv ein permanentes Online-Archiv auf. Die Artefakte und ihre Geschichten aus Berlin und London werden im Archiv katalogisiert, um so als Ressource für Sexarbeiter*innen weltweit zu dienen. Objects of Desire wird in Berlin von der Open Society Foundations gefördert und findet Kooperation mit dem Schwulen Museum statt.