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Rochus Gliese – Regisseur, Schauspieler, Bühnenbildner: eine Hommage zum 30. Todestag

19. Dezember 2008 – 16. März 2009

Das Los auch der genialsten Bühnenarchitekten ist, dass sie mit ihren Entwürfen viel zum Gelingen von Aufführungen beitragen, aber von der Kritik nur mit Nebensätzen „wunderbar, das Bühnenbild von Rochus Gliese“ abgespeist werden. Bühnenbildner gehören zu den schnell Vergessenen, ihr Ruhm welkt rasch. Nur Theater- oder Filmhistoriker kennen heute noch Rochus Gliese.

Rochus Gliese gehört zu den Pionieren der Filmkunst. Bereits in den 1910er Jahren arbeitet er mit Paul Wegener, der den phantastischen Film zu künstlerischen Höhepunkten führte. Er war für die Ausstattung und die optischen Tricks verantwortlich, trat auch als Schauspieler auf und übernahm für den Star Paul Wegener die Regie. In den frühen zwanziger Jahren wechselt er zu Friedrich Wilhelm Murnau und ging mit ihm 1927 in die USA, wo sie den Film SUNRISE – A SONG OF TWO HUMANS realisieren. In Hollywood haben sie alle Freiheiten und nutzen diese auch extensiv. An einem entlegenen und schwer zugänglichen Stausee lässt Gliese ein ganzes deutsches Dorf mit Kirche errichten. Bäume werden umgesetzt und mühsam mit künstlichen Blättern ausgestattet. Alle Mühe nur, damit die Ankunft der Feriengäste vom See aus gefilmt werden kann. Dafür wird Gliese für den ersten Ausstattungs-Oscar nominiert. Ein von Gliese in den 1950er Jahren rekonstruiertes Modell des Marktplatzes der Stadt steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Hier kann man die verschiedenen Kameraperspektiven nachvollziehen. Fotos zum Film und eine Hörstation, in der Gliese selbst das Wort ergreift, ergänzen die Präsentation.

Über Glieses Privatleben ist wenig überliefert. Aus Briefen und anderen Dokumenten lässt sich seine homosexuelle Neigung erahnen. Zwei homoerotische Kunstwerke, die Gliese seinem Mentor Paul Wegener verehrte, sind in der Ausstellung zu sehen.

In den 1930er Jahren arbeitet er vorwiegend als Bühnenbildner am Theater. Die Ausstellung zeigt seine langjährige Zusammenarbeit mit Gustaf Gründgens anhand von Fotos, Kostümen, Bühnenbild- und Kostümentwürfen. Hier sind auch zwei Bühnenmodelle zu Gründgens’ Inszenierung DER BLAUE BOLL von Ernst Barlach zu sehen, die Gliese in den 1950er Jahren für eine Theaterausstellung in Stuttgart rekonstruierte. Die Modelle stammen aus der Theatersammlung des Stadtmuseums Berlin. Mit Leihgaben aus der Akademie der Künste, des Deutschen Historischen Museums, des Theaterinstituts der Freien Universität, mit Briefen aus dem Gründgens Nachlass der Staatsbibliothek und mit vielen Exponaten der Deutschen Kinemathek kann Glieses Werk neu entdeckt werden.

Kurator: Wolfgang Theis