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Ronald M. Schernikau: Dichter, Diva, Kommunist

3. Oktober 2001 – 18. November 2001

Das Schwule Museum ehrt mit einer Ausstellung den schwulen Literaten, die schillernde Tuntendiva und den engagierten Kommunisten Ronald M. Schernikau, der 1991 infolge AIDS starb.

Im Sommer 1960 wird in Magdeburg, DDR, Ronald M. Schernikau geboren. Seine Mutter und er folgen 1966 seinem Vater in den Westen. Dieser, das sagt er ihnen in dem Augenblick, da sie das Fluchtauto verlassen, ist längst verheiratet und hat Familie. Umkehren geht nicht. Ronald M. Schernikau wächst in Lehrte bei Hannover heran, wird früh Mitglied der SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend), mit 16 der DKP (Deutsche Kommunistische Partei). Mit 17 beginnt er an Kleinstadtnovelle zu schreiben, die 1980 wenige Wochen vor seinem Abitur erscheint und ihn über Nacht zum Kinderstar am trüben Himmel der westdeutschen Nachkriegsliteratur macht.  Zum „schreiben schwulsein kommunistsein“ zieht er nach Westberlin.

An der FU studiert er Germanistik, Philosophie und Psychologie, er engagiert sich in der SEW (Sozialistische Einheitspartei Westberlins) und im Schriftstellerverband, produziert sich als schillernde Tuntendiva („ich bin die milva der deutschen literatur“), die deutschen Schlager live singt, verdient seinen Lebensunterhalt als Setzer und Kindermädchen und schreibt unablässig. Bei all dem verfolgt er hartnäckig und gegen alle Widerstände sein Ziel, am Literaturinstitut der DDR Johannes R. Becher in Leipzig zu studieren. Erst 1986, mit Abschluss des Kulturabkommens der beiden deutschen Staaten, ist es erreicht: Ronald M. Schernikau wird als erster und einziger Westdeutscher / Westberliner an dieser weltweit renommierten Hochschule der DDR zugelassen. 1989 veröffentlicht er seinen großen Essay über die deutschen Zustände Die Tage in L., erwirbt die Staatsbürgerschaft der DDR und siedelt am 1. September nach Berlin-Hellersdorf über. Er arbeitet als Hörfunk- und Fernsehdramaturg beim Henschelverlag. Schon seit 1983 entwirft Ronald M. Schernikau die furiose Montage Legende, die er 1991 vollendet, wenige Tage vor seinem Tod infolge AIDS am 20. Oktober.

Anhand von Materialien aus seinem künstlerischen und privaten Nachlass wie Manuskripten, Briefen, Fotografien und Plakaten werden die Lebensstationen, das literarische Schaffen und die vielfältigen Beziehungen zu Dichterfreunden Ronald M. Schernikaus nachgezeichnet.

Kurator: Wolfgang Theis