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Tanz auf dem Vulkan – Hommage an Gustaf Gründgens

9. November 1999 – 11. März 2000

Mythisch wie die Wirkung des Schauspielers Gustaf Gründgens ist bis heute seine nie öffentlich eingestandene Homosexualität. Für Schwule war Gründgens immer eine Kultfigur, einer, der es geschafft hat. In Zeiten der Verfolgung und Unterdrückung dienten seine kulturellen Meriten der Rechtfertigung, dass auch Schwule wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sein könnten. Gerüchte über Gründgens‘ lockeren Lebenswandel gehörten zum guten Ton in der schwulen Subkultur. Auftrieb gaben die zwielichtigen Charaktere, die er hauptsächlich im Film darstellte. Kein Hinweis, und sei er auch noch so banal, blieb unregistriert. Als Gründgens am 7. Oktober 1963 durch eine Überdosis Schlaftabletten im fernen Manila starb, blühte die Gerüchteküche.

Der Film, für Gründgens nur ein Nebenprodukt und willkommener Anlass zum Geldverdienen, bildet den ersten Schwerpunkt unserer Hommage. Für ein großes Publikum haben gerade diese Rollen das Bild des Schauspielers Gründgens nachhaltiger geprägt, als seine Theaterarbeit das je vermochte. Seine filmische Karriere begann mit dem Tonfilm und hatte ihren Höhepunkt im „Dritten Reich“. Vorgestellt wird der Schauspieler und der Regisseur, der trotz seiner exponierten Stellung nie wirklich von den braunen Machthabern behelligt wurde, obwohl ihnen seine Homosexualität ein ständiger Stachel blieb. 1934 wird Grundgens zun Intendanten des Preußischen Schauspielhauses berufen. Göring, der stets eine schützende Hand über seinen Staatsrat hält, hilft in schwierigen Situationen. Seine Frau Emmy Sonnemann, die ehemalige Kollegin und Freundin, schlägt Gründgens keinen Wunsch ab. Dank ihrer Hilfe kann Gründgens an seinem Theater politisch unliebsame oder gar rassisch verfolgte Schauspieler beschäftigen. Der Mythos des mutigen Theaterintendanten, der die Kultur in barbarischen Zeiten aufrechterhält, umgibt ihn bis zum Ende seiner beruflichen Laufbahn mit einer Aura der Unantastbarkeit.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Beziehung zu den Geschwistern Mann und die Komplikationen, die Klaus Manns Mephisto. Roman einer Karriere 1936 bei seinem Erscheinen im Amsterdamer Exil anrichteten. „Lass den Mann nicht schwul sein“, riet sein Verleger Fritz Lanshoff und Klaus Mann hat die Außenseiterrolle seines Helden dann zur sadomasochistischen Heterosexualität umfunktioniert. Zu Gründgens‘ Lebzeiten traute sich kein Verlag, diesen Roman in Deutschland zu verlegen. Erst 1965 erschien im Nymphenburger Verlag eine Ausgabe, die wenig später auf Betreiben von Gründgens‘ Adoptivsohn Peter Gorski verboten wurde. Eine Verfassungsklage des Verlags beim Bundesgerichtshof wurde 1971 abgewiesen.

Unsere Hommage im Schwulen Museum reiht sich ein in den Reigen von Ausstellungen, die zu Gründgens‘ 100. Geburtstag in Berlin (Staatsbibliothek: Aber ich habe nicht mein Gesicht. Gustaf Gründgens – eine deutsche Karriere, vom 9.12.1999 – 12.2.2000), und Düsseldorf (Theatermuseum: Gustaf Gründgens – Ansichten eines Schauspielers. Eine Legende in Bildern, vom 26.10.1999 – 26.3.2000) stattfinden. Gezeigt werden Plakate, Fotos, Dokumente, Modelle und Memorabilien vorwiegend aus den Beständen der Berliner Stiftung Deutsche Kinemathek und dem Theatermuseum Düsseldorf, das uns trotz der eigenen Ausstellung großzügig mit Leihgaben unterstützt. Zur Düsseldorfer Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Text von Wolfgang Theis, der für unsere Hommage verantwortlich zeichnet. Weitere Leihgaben kommen aus dem Stadtmuseum Berlin, aus dem Deutschen Filmmuseum und dem Deutschen Filminstitut Frankfurt am Main.

Kurator: Wolfgang Theis