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Tapetenwechsel 2.03 – Lotte Laserstein

6. Dezember 2017 – 28. März 2018

Am 1. Dezember ist Welt-Aids-Tag. Wir nehmen das zum Anlass, uns in der Dezember-Neuauflage von Tapetenwechsel (Version 2.03) dem Thema Aids als wichtigem Bestandteil der LGBTIQ*-Geschichte zu widmen. Dies geschieht in einem Sonderteil der Ausstellung mit Werken aus unserem Archiv, u. a. von Annie Leibowitz. Außerdem sind Bildserien von Aron Neubert zu Jürgen Baldiga neben vielen anderen themenbezogenen Arbeiten zu sehen.

Dieser Aids-Teil ist eingebettet in einen größeren historischen Überblick. Der fängt mit Napoleon und dem Code Civil 1804 an und geht über Oscar Wilde, die Eulenburg-Affäre und Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft 1919 bis zu einem Raum über die NS-Zeit, inklusive einer Abteilung zum Gedenken an lesbische Opfer der NS-Herrschaft.

Außerdem wird mit S/W-Fotos von Petra Gall, Rüdiger Trautsch u.a. die Schwulen- und Lesbenbewegung der 1970er- und 80er-Jahre dokumentiert und kommentiert, bis hin zum Bereich queere Partnerschaften, Ehe-für-alle und die historische Abstimmung im Deutschen Bundestag 2017.

Highlight von Tapetenwechsel 2.03 wird eine Neuerwerbung sein, die gesondert präsentiert wird: Lotte Lasersteins Weiblicher Rückenakt (1956). Dieses Bild konnten wir dank der großzügigen Unterstützung der Ernst von Siemens-Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder und der Stiftung Preußische Seehandlung erwerben, um damit gezielt unsere „Lesbische Sammlung“ zu erweitern.

Laserstein (1898–1993) zählt zu den herausragenden Realistinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nachdem die Berliner Malerin wegen ihrer jüdischen Abstammung in der NS-Zeit Deutschland 1937 verlassen musste, geriet ihr Œuvre hierzulande aus dem öffentlichen Fokus. Erst in jüngerer Vergangenheit hat das öffentliche lnteresse an ihren Arbeiten wieder zugenommen, auch dank der großen Retrospektive Lotte Laserstein. Meine einzige Wirklichkeit, die 2003 im Ephraim-Palais in Berlin stattfand.

Zeit ihres Lebens warf Laserstein einen selbstbewussten Blick auf das gesellschaftlich konstruierte Verständnis von Weiblichkeit. Auch in ihren Selbstbildnissen hinterfragte Laserstein vorherrschende Gendernormen. Oft reflektierte sie dabei ihre eigene Stellung als Künstlerin in einer männlich dominierten Umwelt. In der Ölstudie Weiblicher Rückenakt ist die Malerin nur durch ihr Attribut, die Staffelei, anwesend. Im Vordergrund platziert sie ihr langjähriges Modell ‚Madeleine‘, die aus Deutschland emigrierte Ökonomin Margareta Jaraczewsky, die sie 1939 in Stockholm kennenlernte und die sie während des Exils in ihrer Wahlheimat Schweden häufig porträtierte.

Ob die Verbindung von Malerin und Modell über eine platonische Freundschaft hinausging, ist in der Forschung umstritten. Es ist aber sehr gut möglich.