Wir zeigen eine Installation mit Fotografien des in Berlin lebenden Künstlers Ingo Taubhorn unter dem Titel VaterMutterIch.
1986 erschien Taubhorns Buch Mensch Mann. Eine Bestandsaufnahme männlicher Identität in der Bundesrepublik Deutschland. Taubhorns Interesse an Nacktheit ist jedoch verbunden mit einem Interesse an Biografien.
Die Werkgruppe „VaterMutterIch“ fokussiert nun den Blick auf die eigene Familie, die biologische Familie, der Ingo Taubhorn entwachsen ist. Dabei findet er in seinen Eltern zwei vorzügliche Darsteller. Im März 1994 stirbt der Vater.
„Die Bilder der Eltern sind ungewöhnlich genug: eine aufmerksame, analytische Fotografie, wach für Symbole und Metaphern. Das Projekt hat aber eine zweite Hälfte, nämlich sein schwules Leben in Berlin. Taubhorn feiert aber nicht das schwule Leben, sondern schildert die ihm wohlbekannten Riten aus mittlerer Distanz. Er entdeckt, dass die Gruppe im Park sich gebärdet wie eine Familie. Er registriert, dass manche Paare quasi Ehen führen. Und er schildert die lüsterne Vibration der jungen Männer mit derselben Treue zum Detail wie ihren Hang zum sexuellen Exzess. Dabei vermischt Ingo Taubhorn die Bilder der biologischen Familie und der Wahlfamilie. Indem Taubhorn den Tod des Vaters erzählt, negiert er das Bedürfnis nach dem fortwährend „jungen“ schwulen Leben und dem stereotypen Kreislauf von Bildern, das damit einhergeht. In dem Wunsch, dass die Kernfamilie und die Wahlfamilie zusammengehören, ist auch die Frage des Zusammenhangs von Leben und Werk verborgen. Wie andere Künstler vor ihm, erkennt Ingo Taubhorn die prägende Macht der Kindheit; anders als viele andere Künstler, spiegelt er das vorstädtische Milieu der Eltern in das urbane Milieu, das seine künstlerische Arbeit möglich macht.“ (Ulf Erdmann Ziegler in Die Macht des Alters 1998)
In der Ausstellung Die Macht des Alters – Strategien der Meisterschaft im Kronprinzenpalais (DHM) zeigte Taubhorn 1998 (zur Zeit in der Galerie der Stadt Stuttgart bis 28.11.1999) erstmalig 28 Bilder seiner Werkgruppe in einer Rauminstallation. Ein Jahr nach der Berliner Premiere versteht sich die Präsentation Taubhorns im Schwulen Museum Berlin als Wiederaufnahme und Ergänzung es immer noch wachsenden Projektes unter dem Titel VaterMutterIch.
Kurator: Ingo Tauborn