„Ich liebe es, dass es das Museum hier gibt“
Lena ist Ur-Berlinerin und studiert gerade Grundschullehramt mit Gebärdensprache an der Humboldt Universität zu Berlin. Seitdem sie mit 19 von zuhause ausgezogen ist, legt sie gerne selbst Hand an und optimiert die Gemeinschaftsräume ihrer WG. Uns hat sie erzählt, an welchem spannenden Projekt sie jetzt aktuell arbeitet, und welche Perspektive man als SMU-Küken hat.
SMU: Hallo Lena, willst du damit anfangen zu erzählen, was deine größten Hobbies sind?
Ich höre gern Musik, lese gern und war lange in einem riesengroßen Theater-Event im FEZ an der Wuhlheide. Ja und jetzt starte ich bald mit einer Freundin einen queeren YouTube Kanal – oder wir hoffen, dass wir bald starten (lacht). Wir wollen den Queertalk nennen und werden nicht selbst vor der Kamera stehen, sondern Leute einladen, die über Themen reden, die eben relevant sind für queere Leute. Wir tauchen dann eher am Ende auf und sagen „Danke, dass du zugeschaut hast“ (lacht)
Cool! Ist das ein bildungspolitisches Projekt?
Nee, es soll eher dafür da sein, dass Leute sich austauschen können. Ich bin jetzt zum Beispiel seit einem Jahr im Schwulen Museum und hab gemerkt, dass wenig junge Leute da arbeiten. Und es sind eine Menge alte Leute da, die einfach schon eine Menge toller Erfahrungen haben – die also auch viel wissen, was junge Leute nicht wissen. Allein schon, was vor 30 Jahren queermäßig abgegangen ist… Ich glaube, das wäre eine gute Möglichkeit, dass Leute miteinander in Kontakt treten können.
Hast du ein Thema im Kopf, dass ihr beispielsweise behandeln würdet?
Ja klar, die erste Folge soll um Repräsentation in Medien und vor allem Social Media gehen, auch speziell um Trans*. Aber sonst wollen wir möglichst viele, verschiedene Themen abdecken, einfach alles worüber die Leute sprechen wollen. Ich will auf jeden Fall auch die queeren Leute hier aus dem Schwulen Museum fragen, ob sie mitmachen wollen.
Würdest du dich selbst als queer bezeichnen?
Man kann auf jeden Fall sagen, dass ich einen Eigenbezug habe und dass ich queer bin. Queer ist für mich ein sehr offener Begriff und ich habe das Gefühl, ich kann viele der Erfahrungen, die ich in meinem Leben noch machen werde, mit dem Begriff fassen. Da kann sich immer etwas entwickeln.
Danke für den Einblick! Was genau machst du im Museum?
Verschiedenes (lacht). Bevor Corona angefangen hat, war ich hauptsächlich bei Abendveranstaltungen hinter der Bar – aber da die jetzt abgesagt sind, bin ich nur tagsüber in den Ausstellungen und mache Aufsicht. Seit einem Jahr komme ich ein bis zwei Mal im Monat hier her, je nachdem, wie viel Zeit ich habe.
Hast du auch eine Lieblingsaufgabe im SMU?
Ich mag Abendveranstaltungen schon echt gerne, weil da viele verschiedene Menschen kommen und die auch oft in der Stimmung sind, mehr zu reden – also nicht, dass ich mich unbedingt lange mit denen unterhalte, aber es macht mir viel Spaß, alles zu beobachten. Und gerade wenn die Veranstaltung los geht und hinter der Bar noch nicht so viel zu tun ist, fühlt es sich an, als ob ich selbst einfach bei der Veranstaltung wäre, das ist sehr entspannt. Da bekommt man viel mit. Ich liebe es, dass es das Museum hier gibt. Es ist sowieso erstmal ein Museum, von dem man nicht gedacht hätte, dass es das gibt – und dann kommt man rein und es gibt mehrere Ausstellungen zu queeren Themen. Das ist für mich einfach sehr, sehr schön zu sehen.
Wie bist du das erste Mal mit dem Schwulen Museum in Berührung gekommen?
Zum ersten Mal… Ich glaube ich habe einfach mal davon gehört und bin dann hingefahren, alleine auch, weil ich noch nicht so viele queere Leute kannte (lacht). Und das zweite Mal war ich bei der Langen Nacht der Museen mit meinen Eltern da und das war auch sehr schön. Beim dritten Mal habe ich dieses Schild gesehen, dass Ehrenamtliche gesucht werden und habe gleich eine E-Mail geschrieben. Als ich dann angefangen habe, war ich ein bisschen überrascht, dass das Team vom Alter her nicht so durchmischt war, wie gedacht. Aber es ergibt ja auch Sinn. Die Leute, die regelmäßig Zeit haben, sind oft die Menschen, die zum Beispiel nicht mehr Vollzeit arbeiten, oder in Rente sind, und das ist auch super. Bloß hätte ich mir gedacht, dass mehr junge Leute ehrenamtlich aushelfen und das auch regelmäßig. Ich habe dann ein oder zwei Mal jüngere gesehen, die dann direkt wieder weg waren. Das fand ich ein bisschen schade.
Und hast du eine Idee, warum das so ist?
Ich bin mir sicher, die Inhalte hier im Schwulen Museum sind interessant für sie. Aber wenn man so jung ist, dann beschäftigt man sich eher intensiv mit sich selbst. Also gerade Teenager, die erstmal mit sich selber klar kommen müssen und dann nicht zuerst in ein queeres Museum gehen, sondern erstmal so fünf Jahre später, wenn man tiefer im Thema ist und mehr Anknüpfungspunkte sieht. Für mich selbst finde ich aber immer wieder mal coole Aktionen, die mich an das Museum binden, wie zum Beispiel die Queer Kitchen hier, oder die Ausstellung zu Sexwork im vergangenen Jahr, mit der Performance in dem Raum, wo jetzt die „100 Objekte“-Ausstellung ist. Die Person hat da ihre eigene Stimme eingesprochen und sich selbst beschrieben, das war sehr beeindruckend.
Hast du als Schlusswort noch einen Wunsch an das SMU, etwas das dir fehlt?
Die… jungen Leute (lacht). Und ich denke, die Verantwortung liegt auf beiden Seiten, dass meine Altersgruppe im Ehrenamt noch nicht so vertreten sind. Vielleicht könnte das SMU gezielter Leute ansprechen, Jugendgruppen zum Beispiel, oder Vereine für junge queere Menschen, da gibt es eine Menge netter Leute. Auch wenn das Schwule Museum schon sehr belebt ist, könnte dieser intergenerationale Aspekt noch mehr Leben rein bringen.
Foto: Lena Granwoski (Yasmin Künze)