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Ehrenamtliche*r des Monats: Leo Karonga

1. Oktober 2020

„Ich wollte schon immer etwas in der Bewegung und für die Bewegung machen“

Auch wenn Leo das nicht so einfach zugeben würde, haben wir es bei ihm mit einer Berliner Berühmtheit zu tun: mit über 30 Jahren Erfahrung im Schauspiel-Business, war er lange auf den Brettern der Stadt zu finden. Jetzt verbringt der studierte Schauspieler und Sänger viel Zeit zusammen mit seinem Partner, mit dem er schon seit 25 Jahren zusammen ist. Und obwohl Corona-bedingt Leos Agentur-Telefon etwas weniger klingelt: The show must go on! Was ihm in seinen 56 Jahren als Ur-Berliner so widerfahren ist, womit er sich zurzeit fit hält und welchen Wunsch er noch für das Schwule Museum hat, lest ihr in diesem Interview.

 

SMU: Leo, du bist seit Jahrzehnten Schauspieler. Aber hattest du auch das Glück immer in diesem Bereich tätig sein zu können?

Ja, ich habe viel Theater gespielt, auch ein bisschen gedreht, aber hauptsächlich war ich im Theater: in Weimar, Dresden, Rostock; zu den Salzburger Festspielen und Wiener Festwochen, am Berliner Ensemble, am Hebbel Theater war ich auch. So, das ist schon ’ne runde Sache.

Letzten Monat haben wir dich im Museum kaum zu Gesicht bekommen, womit warst du beschäftigt?

Momentan mache ich im Kalliope-Team Lesungen; die Theater waren lange Zeit, und sind zum Teil immer noch, nicht richtig offen. Deshalb haben wir uns jetzt auf Lesungen spezialisiert, weil da nicht so viele Leute da sind – also, wenn da 30 Leute kommen, um sich das anzusehen, reicht das. Da hatte ich den ganzen August sehr viel zu tun.

Hast du noch andere Hobbies?

Och… Naja, Sport mach ich noch, aber Schauspiel ist schon echt meine Leidenschaft; ich steh gern vor Leuten und mach was mit denen. Aber das Café hier, das mach ich wirklich auch gerne, das ist einfach ein ganz anderes Publikum, zu dem man auch viel engeren Kontakt hat. Mit denen komme ich auch öfter in Gespräche, in denen man erfährt, wo sie herkommen und was sie vorhaben. Letztens waren welche hier aus Vilnius, Litauen. Die wollen dort auch ein Schwules Museum gründen und haben sich deshalb dieses hier angesehen – die waren ganz bezaubert! Und ehrlich gesagt wollte ich auch schon immer etwas in der Bewegung und für die Bewegung machen und ich wusste nie was. Es sollte seriös sein und bloß nicht langweilig, und dann habe ich das SMU entdeckt und finde es einfach wunderschön.

Was machst du im Café?

Schöne kühle Drinks zubereiten, nett sein und unsere Gäste fragen, ob sie noch irgendwas möchten, zum Beispiel draußen in der Sonne sitzen, so wie wir gerade. Aber ich bin nicht so oft da, meistens zwei Mal im Monat.

Kannst du dich erinnern, wie das alles angefangen hat?

Ich war hier vor 2 Jahren und da hat Herr Theis, einer der Mitbegründer des Museums, eine Führung gemacht und das fand ich so spannend; da hab ich gesagt das, und genau das, möchte ich machen und dafür kann ich auch stehen; das war so witzig und unterhaltsam, das alte Berlin spielte eine Rolle und Charlotte von Mahlsdorf. Dann aber auch eine Scherenschnitt-Ausstellung mit Akten, also sehr anspruchsvolle Sachen. Ich meine, so sind die Ausstellungen ja immer, die sind anspruchsvoll und unterhaltsam. Das hat mich so begeistert, dass ich direkt gefragt habe und dann hieß es gleich: „Komm Montag vorbei und dann finden wir was für dich als Ehrenamtler.“

Gibt es noch andere Dinge, die das Museum für dich zu einem besonderen Ort machen?

Ich finde es so toll, was hier alles gespendet wird, auch ganze Erben, damit die Sachen nicht verloren gehen. Und einen Ort zu haben, wo Kultur auf eine lockere Weise auf die Szene trifft und dann die ganze Szene abgespiegelt wird – von Frauen über Transgender und Schwulen. Auch dass es Touristen hierher lockt finde ich so wichtig an dem Museum, also dass hier die verschiedensten Leute ein und aus gehen und miteinander in Kontakt kommen. Und dass wir mehr ausländische und englischsprachige Gäste haben, das finde ich super für Berlin. Das ist eine einfach eine schöne Institution.

Du bist ja auch eine von wenigen People of Color in dieser Institution…

Ja, aber ich bin ja ein Berliner PoC und manchmal denk ich mehr Berliner als PoC (lacht). Ich bin zwar mit meinem Vater aufgewachsen, ich und meine zwei Geschwister; der hat uns gut erzogen und viel über Afrika erzählt und ich war selbst auch oft in Afrika, also Malawi, hab da die Familie besucht und so. Aber, ich bin eigentlich ein Berliner, bin hier auf Ost-Berlin groß geworden und aufgewachsen und fühle mich jetzt, wo Berlin so groß ist, sau wohl. Ich hab auch viel von West-Deutschland kennen gelernt, durch meine Theater-Tourneen, und hab alle Winkel und kleinen Orte und großen Städte kennen gelernt – und Berlin ist schon besonders. Nicht so verklemmt wie München und nicht so teuer wie Wien! Berlin ist schon ’ne super Stadt.

Im SMU ist es in der Vergangenheit zu Rassismus gekommen. Gab es für dich im Schwulen Museum auch rassistische Vorfälle?

Nie! Never ever, wirklich. Ich fühle mich hier wirklich total angenommen.

Dann kannst du mir vielleicht von deinem schönsten Erlebnis im Schwulen Museum erzählen?

Mein schönstes Erlebnis war die Verabschiedung von Wolfgang Theis. Sonst sind Vernissagen ja etwas formeller, aber das war ein ganz persönliches Event, an dem Witze erzählt wurden und über das ganze Leben gesprochen – er ist ja selber auch eine sehr humorvolle Persönlichkeit. Dann hat noch jemand gesungen, hachja das hat mir sehr gut gefallen. Das war kurz bevor Corona los ging, also im Februar denke ich. Da durfte der Saal noch voll sein.

Dann, meine letzte Frage an dich: Gibt es etwas, was dem Schwulem Museum fehlt?

Ich tu mich etwas schwer damit das zu sagen, denn die älteren Herrschaften haben das alles ja mitbegründet, aber es fehlt ein bisschen ein Schwung junger Leute, die noch verrücktere Ideen mit reinbringen und Paradiesvögel sind. Wir haben sehr tolle und verdienstvolle Mitarbeiter, mit denen ich alle sehr gerne arbeite. Aber so ein paar schillernde Leute, vielleicht mit High Heels  und bunter, die noch mehr Flair reinbringen, das könnte dem Schwulen Museum guttun. Das würde den Laden aufmischen, auf jeden Fall.

 

Foto: Leo Karongo (Yasmin Künze)