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Objekt des Monats August: „Bitte andersrum öffnen“

1. August 2018

Eine Sammlung von „Rosa Dingen“ hat im Schwulen Museum Tradition. Aber nicht viele dieser Dinge haben einen direkten Bezug zu uns. Wenn doch, sind es Artikel aus schwulen Geschäften. In den 1980er Jahren trugen viele Schwule den Rosa Winkel als kleinen Anstecker, um sich zu outen. „Act up“ nutzte diesen Winkel ‚andersrum‘ als Zeichen der Stärke mitten in der Aidskrise, mit der Spitze nach oben!

Diesen „Rosa Kühlschrankmagnet“ fand ich in einem bekannten Bürobedarfsgeschäft, wo es auch viele Angebote für Schulkinder gibt. An der Kasse stand ein Aufsteller mit humorigen  Kühlschrankmagneten. Gedacht war die Aufschrift „Schwuler Kühlschrank. Bitte andersrum öffnen“ wohl als Gimmick. Der Magnet ist allerdings weder von Schwulen hergestellt, noch für sie ersonnen.

Er erinnert mich an den Titel des  neuen Buchs von Johannes Kram: Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber…   Untertitel: „Die schrecklich nette Homophobie in der Mitte der Gesellschaft.“

1991 gab ich der schwulen TV-Sendung den Namen andersrum. Es ist ein Begriff mit einem Augenzwinkern und meint Sexualpraktiken, die konservative Menschen als ‚ekelig‘ erachten. (Auch aus diesem Grund gefällt mir die Bezeichnung Homophilie viel besser. Ich nenne es auch Homoamor, ein Neologismus, der auf Emotionen und Gefühle Gleichgesinnter hinweist, allerlei Geschlechts.)

Bei der Recherche zu Farbvorgaben für herkömmliche Geschlechterrollen war ich erstaunt, dass die Farben Hellblau und Rosa noch vor 100 Jahren ‚andersrum‘ galten. Vom Herrschaftlichen männlichen Rot wurde als Variante das Rosa für Jungen genutzt und als Variante vom Blau in historischen Mariendarstellungen galt das Hellblau für Mädchen. Allerdings eher für Bänder und Bordüren.

In der Ausstellung Am I Dandy im SMU lernten wir schon: Ein hellblauer Knauf eines Gehstocks im 19. Jahrhundert war ein kleiner Hinweis für Gleichgesinnte. Erst durch Matrosenanzüge und blaue Uniformen wandelte sich die Farbzugehörigkeit und das als warm geltende Rosa war nun weiblich.

In den 1920er Jahren mischte man beide Farben und erhielt Lila als queere Zwischenstufe. Aus dieser Zeit stammt das Lila Lied: „Wir sind nun mal anders als die andern!“

Der Rosa Winkel als Zeichen für straffällige homosexuelle Häftlinge in KZs war als Provokation und Erniedrigung gedacht.

Fast schon lustig die Erklärungen im Web von Jennifer Wright, „How Pink become a colour for Girls“, vom März 2015. Da heißt es:

It wasn’t until after World War II that pink came to be equated with femininity. People formed that association largely because it was first lady Mamie Eisenhower’s favorite color. Not for any special reason, though; she supposedly just liked the way it set off her skin tone and pretty blue eyes. It said, as much as any piece of clothing could, ‚the men are home now, and you can return to your traditional roles.‘ During the Eisenhower administration, the White House featured so many pink furnishings that it came to be known as ‚the Pink Palace‘.

Dazu gibt es auch einen unterhaltsamen Film auf Youtube von Vox US, 2015 „How pink becomes a girly colour“.

Mittlerweile finden die meisten „Rosa“ einfach kitschig und klischeehaft … oder kennen ihn als Vornamen eines Regisseurs.

Es gibt also noch viel zu tun in der Begriffsfindung.

Mit queeren Grüßen, BeV StroganoV

Das Objekt des Monats wird in der Bibliothek ausgestellt.