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Objekt des Monats: „BERLIN VERKEHRT. Zeitschrift für lesbische und schwule Gehörlose“

1. Oktober 2021

Auf knall leuchtendem pinken Papier lächeln Drag-Performer*innen von der Titelseite von „BERLIN VERKEHRT. Zeitschrift für lesbische und schwule Gehörlose“. Die Veröffentlichung ist in persönlicher und direkter Deutscher Schriftsprache geschrieben und dreht sich um politische Themen, Parties und das Aufbauen einer Community. Ebenso informieren Aufklärungstexte und Anzeigen der Deutschen Aidshilfe über HIV/Aids. Daneben suchen Leser*innen in Annoncen nach Partner*innen und Freund*innen und der Veranstaltungskalender führt wichtige Events der Community auf. Durch Cartoons, die teils erotischen Charakter haben, bekommt die Veröffentlichung einen spielerischen Ton.

1991 von der Gemeinschaft der „verkehrten“ Gehörlosen Berlin 85 e.V. gegründet erschien die Info-Zeitschrift alle drei Monate zumindest bis zur zehnten Ausgabe im April-Juni 1994. Der Verein finanzierte die Herausgabe des kostenlosen Magazins, im Laufe der Zeit kam eine kleine Bezuschussung durch den Senat für Jugend und Familie hinzu. Der Umfang von BERLIN VERKEHRT variierte zwischen 16 und 32 Seiten und auch die Auflage schwankte zwischen 300 und 1.000 Stück.

Das Team rund um den gehörlosen Redakteur Horst Havemann war auch bei Demos aktiv und sorgte für eine größere Sichtbarkeit der gehörlosen Community beim Christopher Street Day. Als Veröffentlichung von und für eine doppelt marginalisierte Gruppe gab es Schwierigkeiten, das Projekt zu finanzieren und für alle anfallenden Aufgaben Personen zu finden. Manche Ausgaben erschienen mit einer Verzögerung, das Redaktionsteam wechselte regelmäßig und ehrenamtliche queere gehörlose Redakteur*innen zu finden stellte die Zeitschrift bis zu ihrer Einstellung vor immer wiederkehrende Probleme.

Die Ausgaben 5 (April-Juni 1992) bis 10 (April-Juni 1994) hat das Archiv des Schwulen Museums von Martin Vahemäe-Zierold von der Senatsverwaltung für Justiz erhalten. Teil des Geschenks ist auch ein weiteres Exemplar der Broschüre „Informationen (nicht nur) für Gehörlose Schwule“ mit Gunter Puttrich-Reignard, der Mitbegründer der „verkehrten Gehörlosen“ ist. In Zusammenarbeit mit der Fotografin Barbara Stauss erklärt er mit Bildern in Deutscher Gebärdensprache, wie ein Kondom richtig verwendet wird und welche sexuellen Handlungen sicher vor einer HIV-Ansteckung sind.

Die Info-Zeitschrift „BERLIN VERKEHRT“ ist im Oktober als Objekt des Monats im Museumscafé ausgestellt. Die Broschüre „Informationen (nicht nur) für Gehörlose Schwule“ ist in Ausschnitten auch in den Ausstellungen „Love at First Fight!“ und „arcHIV“ zu finden.

Foto: Ygor Bahia