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Schätzchen des Monats: Heiko Pollmeier und der Aktivistenkoffer von Matthias Wienold

1. Juni 2022

„Im Schwulen Museum zu sein gibt meinem Leben ganz viel Inspiration.“

Heiko Pollmeier besuchte das Schwule Museum schon in den 90er Jahren und ist seit 10 Jahren Ehrenamtlicher bei uns. Er stellt euch sein Schätzchen vor, den Aktivistenkoffer von Matthias Wienold. In diesem ständig wachsenden Aids-Archiv sammelt der Arzt und Aids-Aktivist Wienold Objekte wie die Lederweste des Act-Up-Aktivisten Andreas Salmen. Ab Juni präsentieren euch Freund*innen des SMUs jeweils am Monatsanfang ihr Lieblingsstück und verraten euch, was sie daran besonders verzaubert.  

Lieber Heiko, stell dich gerne mal in kurzen Sätzen vor: woher kommst du, was machst du, was beschäftigt dich?

Ich heiße Heiko, bin gebürtiger (West)Berliner und Romanist sowie Historiker. Ich habe beide Felder für meine Promotion kombiniert, damit ich einen Vorwand habe, in Frankreich für meine Dissertation forschen zu können.

Wie bist du Freund*in des Schwulen Museums geworden? Wie bleibst du dem Museum verbunden?

Das Schwule Museum kannte ich bereits von eigenen Ausstellungsbesuchen seit den 90er Jahren. Das Museum bot immer interessante Ausstellungen an, vor allem über große schwule Persönlichkeiten. Jedoch fand ich das Ganze auch etwas verstaubt und auch ein bisschen zu schwul. Ich kam erst auf die Idee, mich in dem Schwulen Museum zu bewerben, als sich die Themen öffneten. Ich bemerkte dies, als auch FLINTA* Personen angesprochen wurden, was mir total wichtig war. 2012 war ich gerade damit beschäftigt, ein AIDS-Projekt zu entwickeln und ich wusste über die große Sammlung des Schwulen Museums Bescheid. Auf das Ehrenamt zu kommen war für mich eine Art Dankeschön an all die Leute in der Community, die sich dafür engagieren, dass ich als schwuler Mann mehr oder weniger frei leben kann. Somit hatte ich die Chance, mit dem Projekt auch etwas zurückzugeben und dachte daran, dass das Museum davon profitieren könnte. Also bewarb ich mich 2012 als Ehrenamtlicher für das Archiv. Seit 10 Jahren bin ich nun schon im Museum. Hier zu sein gibt meinem Leben weiteren Input und ganz viel Inspiration.

Welchen Tätigkeiten gehst du im Museum nach? Was machst du dort besonders gerne?

Ich bin Ehrenamtlicher für den Bibliotheks- und Museumsdienst. Da ich ein Faible für Fremdsprachen habe und gleich an meinem ersten Tag im Juli 2012 mit Museumsbesucher*innen aus dem Ausland in Kontakt kam, bemerkte ich schnell, dass mir der Publikumskontakt doch sehr gefällt. Ich sehe mich nämlich eher als jemanden, der im Hintergrund verweilt und unauffällig bleibt. Durch das Museum habe ich eine ganz andere Seite an mir kennenlernen dürfen.

Als das Museum im Jahr 2013 dann in die Lützowstraße umzog, wurde ich direkt für die Bibliothek angeworben. Durch die Vielfältigkeit der jeweiligen Ehrenamtsgebiete, finde ich es daher wichtig beide Bereiche in Verbindung zu setzen.

Durch die Bibliotheksarbeit und meine Französischkenntnisse fand ich mich plötzlich in einem Ausstellungsprojekt wieder, von dem ich nie zu träumen gewagt hätte – nämlich: „Fenster zum Klo“. Das Projekt brachte mich wiederum zu weiteren Projekten und darüber hinaus konnte ich auch Führungen geben. Trotz der Hindernisse durch COVID-19 bin ich über „Fenster zum Klo“ zu einem weiteren Ausstellungsprojekt gekommen: „arcHIV. eine Spurensuche“.

Ich nehme an, dass du durch das Ausstellungsprojekt auf dein Schätzchen gestoßen bist, oder? Willst du uns dein Schätzchen mal vorstellen?

Ja, genau. Einer meiner Favoriten aus dem Archiv des Schwulen Museums ist ein „Schatzkoffer“. Es ist der Koffer eines Arztes und AIDS-Aktivisten: Matthias Wienold. Ich gehörte zu dem Kurator*innenteam der AIDS-fokussierten Ausstellung „arcHIV. eine Spurensuche“, wo Wienolds Koffer gezeigt wurde. In der Ausstellung und über diesen Koffer habe ich zum Beispiel auch Führungen gegeben.

Und was verbindet dich mit deinem Schätzchen?

Dieser alte Koffer aus den 60ern ist in gewisser Weise auch eine „Schatztruhe“ in dem sich viele Objekte, die sich mit der AIDS-Thematik beschäftigen, zusammenfinden. Dadurch war dieser Koffer mitsamt Inhalt sehr inspirierend für die Ausstellung.

Was macht ihn einzigartig?

Es ist ein Koffer voller AIDS-Relikten der Vergangenheit. In ihm befinden sich Dokumente, Objekte, Artefakte und Kleidungsstücke wie die letzte Lederjacke des Act-Up-Aktivisten Andreas Salmen, eine „Paradeweste“ voller Buttons sowie ein T-Shirt der australischen Delegation, das ein Künstler für die Internationale AIDS-Konferenz in Berlin im Juni 1993 gestaltete. Zugleich ist der Koffer eine Art „work in progress“, denn anscheinend kommt Wienold immer wieder einmal in unser Museum und ergänzt den Kofferinhalt. Das finde ich faszinierend.

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