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Schätzchen des Monats: Luan Pertl und die Raumstation von „Mercury Rising“

1. August 2022

Luans Geschichte mit dem Schwulen Museum ist genauso reich an Inhalt, wie Luans sonstige Arbeit und Beiträge innerhalb der Community. Hier erzählt Luan von den unschuldigen Anfängen dieser Geschichte, sowie von den aufregenden Höhepunkten, und zeigt uns ein monumentales Schätzchen für diesen Monat.

„Dadurch gab es wieder einen gemeinsamen Raum, um sich verbunden zu fühlen. Verbundenheit ist sehr wichtig für die Inter* Community.“

Stell dich doch mal kurz vor: woher kommst du, was machst du, was beschäftigt dich?

Mein Name ist Luan Pertl. Ich bin intersex Aktivist*in in Deutschland und Österreich und mache Bildungsarbeit für Pflegeeinrichtungen, Hebammen, Schulen etc. Und ich habe im Schwulen Museum die Ausstellung „Mercury Rising – Inter* Hermstory[ies] Now and Then“ initiiert und mitkuratiert. Momentan bin ich primär Guide beim Schwulen Museum.

Das sind ganz schön viele Rollen, mit denen du am Haus bist. Wie bist du an das Schwule Museum gekommen?

Ich habe das Schwule Museum sehr früh kennengelernt. Da war es noch am Mehringdamm! Ich komme ursprünglich aus Österreich und bin schon öfter zu Besuch in Berlin gewesen. Das Schwule Museum war einfach immer wieder ein Ort, wo ich hingegangen bin und mir Ausstellungen der Community angesehen habe. Also bin ich in Prinzip eigentlich als Gäst*in angekommen. Als ich dann 2018 nach Berlin übersiedelt bin, hatte ich schon relativ viele Freund*innen, die im Schwulen Museum waren oder gearbeitet haben. Sie waren Ehrenamtliche oder haben Ausstellungen dort gemacht. Dann war diese Ausschreibung, sich als Guide zu bewerben und das habe ich einfach gemacht.

Wow, das Museum hat ja richtig Geschichte mit dir! Hast du vielleicht eine besondere Erinnerung mit dem Museum, an die du öfter denkst?

Mhm… Ich habe sehr viele unterschiedliche Erinnerungen. Natürlich ist meine eigene Ausstellung eine davon, das war eine unglaublich tolle Erfahrung! Mit dem Haus zu arbeiten, mit Carina und Birgit zu arbeiten, und natürlich auch mit all den tollen Künstler*innen. Aber so eine erste große Erinnerung, die mich sehr berührt hat, war die Ausstellung „Homosexualität_en“. Die hat mich auf ganz vielen Ebenen abgeholt, und das nicht nur weil trans* und inter*Themen vorgekommen sind. Was mich wahnsinnig berührt hat war der Raum über die Menschen, die damals im Zweiten Weltkrieg umgekommen sind. Der war wahnsinnig stark, dass das echt viele Gefühle bei mir ausgelöst hat. Da ist mir klar geworden, was man an Geschichte alles zeigen kann durch Ausstellungen, und mit wie viel Emotion.

Ich finde es ist großartig, dass du danach auch deine eigene Ausstellung kuratiert hast! Wo wir beim Thema der Ausstellung Mercury Rising sind… du hast uns doch auch ein Objekt aus dieser mitgebracht, erzähl uns gerne mehr über dein Schätzchen

Genau! Ich würde gerne unsere Raumstation in der Ausstellung „Mercury Rising“ von Giegold & Weiß vorstellen. Die haben wir gemeinsam mit ganz vielen Inter*Aktivist*innen kreiert. Sie hat viele Bedeutungen, aber besonders interessant ist der Audioraum, den wir in diesem Raum geschaffen haben. Dieser Audioraum wurde konzipiert, in dem wir Interviews mit Inter*Aktivist*innen weltweit geführt haben. Da gab es auf der einen Seite Interviews für Allies zu hören. Auf der anderen Seite gab es einen Audioraum, der nur für Inter*Menschen gedacht war. Das Wichtige an diesem Audioprogramm für Inter*Menschen war, dass dieser Audioraum im Loop gelaufen ist. Das wurde deshalb so konzipiert, dass jede inter*Person, die in diese Raumstation einsteigt, zur selben Zeit dasselbe hört. Man konnte auf diesen Raum mit einem QR Code, den wir auch in der Community geteilt haben, von überall weltweit zugreifen. Dadurch gab es wieder einen gemeinsamen Raum, um sich verbunden zu fühlen. Verbundenheit ist sehr wichtig für die Inter* Community.

Auf welcher Ebene fühlst du dich deinem Schätzchen denn am tiefsten verbunden?

Also ich bin auch Teil der Interviews. Ich habe da viel mit Giegold & Weiß mitgearbeitet und mitkonzipiert. Die Wichtigkeit darin war für mich eben diese Verbindung der Inter*Community. Wir sind eine weltweite Community, die global stark vernetzt ist. Leider ist unsere Ausstellung während Covid gelaufen und somit war es halt schwierig für viele Inter*Menschen zu kommen. Diese Inter*Only-Tonspur war die Möglichkeit diese Ausstellung nicht nur in Bildern, sondern auch im Gefühl der Gemeinsamkeit mit der Community teilen zu können. Das ist für mich eine sehr starke Verbindung.

Wenn du dein Schätzchen einer Person schenken dürftest, an wen würde dieses Geschenk gehen und warum?

Für die Inter*Community ich das Internet sehr wichtig. Es war die Möglichkeit, dass Menschen, die viele Jahre geglaubt haben, sie wären alleine und es gäbe niemand anderen wie sie; was wir auch viel von der Medizin hören! Da war das Internet ein wichtiger Ort. Dadurch sind Verbindungen und Treffen – sogar internationale Treffen – entstanden. Deshalb würde ich dieses Schätzchen gerne nicht nur einer Person schicken, sondern einfach der weltweiten Intersex*Community!

Das ist aber viel!

Das ist viel, ich weiß! (lacht)

Aber es ist das schönste Geschenk.

Genau, das ist mein Geschenk!