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Erfolg für lesbische Gedenkpolitik!

6. November 2017

Wir begrüßen, dass die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten nun endlich ein Gedenkzeichen für die in Ravensbrück inhaftierten lesbischen Frauen befürwortet. Der öffentliche Druck, der aufgebaut wurde, u.a. durch eine Unterschriftenaktion, bei der ca. 750 Einrichtungen und Persönlichkeiten aus ganz Europa unterzeichneten als auch durch die Initiative des Schwulen Museums*, sich mit einer Veranstaltung zu positionieren, hat offenbar gefruchtet: Ein großer Erfolg für die zivilgesellschaftlichen Akteur_innen, die sich seit vielen Jahren dafür einsetzen, dass lesbische Frauen nicht weiter aus dem Gedenken ausgegrenzt werden. Dafür war auch das Symposium Identitätspolitik und Gedenken ein wichtiger Meilenstein, das im April 2017 in der Gedenkstätte Ravensbrück stattfand.

Dieser Erfolg ist maßgeblich der Initiative „Autonome feministische FrauenLesben aus Deutschland und Österreich“ zu verdanken, die das Anliegen, ein kollektives Gedenkzeichen für die in Ravensbrück inhaftierten lesbischen Frauen zu installieren, beherzt und ausdauernd vorangetrieben hat. Wir unterstützen es nachdrücklich, das Engagement dieser Gruppe zu würdigen und die von ihnen vorgeschlagene „Gedenkkugel“ als Gedenkzeichen zu installieren. Die Kugel mit einer auch von den Gremien der Stiftung akzeptierten Formulierung zu versehen, dürfte kein Hinderungsgrund sein. Wir fordern die Akteur_innen auf, im Gespräch mit der Initiative eine konsensfähige Formulierung zu erarbeiten.

Im Raum steht aber nach wie vor immer noch der Antrag des LSVD Berlin-Brandenburg, das Schicksal der beiden in Ravensbrück inhaftierten Frauen Margarete Rosenberg und Elli Smula für ein Gedenken an lesbische Frauen heranzuziehen, der auch vom Bundesvorstand des LSVD unterstützt wurde. Jedenfalls bezieht sich die Presseerklärung des Bundesvorstandes des LSVD („Würdiges Gedenken an lesbische Frauen in Ravensbrück“, 28.07.2017), die im Vorfeld der Veranstaltung zum lesbischen Gedenken im Schwulen Museum* veröffentlicht wurde, positiv auf diesen Antrag: Hier wird der Anspruch formuliert, dass „gegen Unsichtbarmachung am besten ein konkret an den Schicksalen von Frauen in Ravensbrück orientierter biografischer Ansatz“ wirkt. Ein solcher Ansatz lässt aber außer Acht, dass die antihomosexuelle Repression des NS-Regimes lesbische Existenzweisen einmal mehr massiv in die Unsichtbarkeit drängte und dies das historische Wissen über Lebensgeschichten lesbischer Frauen bis heute erheblich begrenzt. Er ist deshalb ebenso historisch falsch wie ausschließend. Zudem liegen von beiden Frauen keine Selbstzeugnisse vor; wir wissen nicht, ob sie sich selbst als „lesbisch“ bezeichnet hätten oder ob sie unzutreffenderweise als homosexuell denunziert wurden. Ihre Markierung als „lesbisch“ ist ausschließlich durch die Akten der Verfolgungsinstanzen überliefert. Auf diesen Sachverhalt eine gedenkpolitische Strategie aufzubauen, halten wir historisch und forschungsethisch für höchst bedenklich.

Kürzlich hat der LSVD Berlin-Brandenburg erneut Alexander Zinn für den Beirat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten vorgeschlagen. Dank des Landesverbandes vertritt somit weiterhin ein ausgewiesener Gegner eines kollektiven Gedenkzeichens für lesbische Frauen die Betroffenengruppe der Homosexuellen in diesem Gremium. Am 23.9. wurde der Landesvorstand und damit das Gremium, das diese lesbenpolitisch mehr als fragwürdige Entscheidung zu vertreten hat, mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Zur Debatte steht damit auch die gedenkpolitische Agenda des LSVD, der mit seiner Haltung nicht nur gegen die Positionen erinnerungspolitisch engagierter Akteur_innen der Community agiert, sondern auch die Forschungsergebnisse international profilierter Wissenschaftler_innen außer Acht lässt. Wir fordern den LSVD (Landes- und Bundesverband) zur Stellungnahme auf.

Schwules Museum*
Lesbenring e.V.
LAG Lesben in NRW e.V.
Arcus Stiftung
Prof. Dr. Anna Hájková
Dr. Claudia Schoppmann

Das Bündnis für lesbisches Gedenken in Ravensbrück ist ein loser Zusammenschluss von gedenkpolitisch engagierten Einzelpersonen und Institutionen und hat sich im Nachgang der Veranstaltung im Schwulen Museum* zusammengefunden, um die anhaltenden Diskussionen um lesbisches Gedenken in Ravensbrück kritisch zu begleiten.