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Nachruf: Egmont Fassbinder (1945-2023)

17. Mai 2023

Nach langer schwerer Krankheit ist der Verleger und Aktivist Egmont Fassbinder in Berlin verstorben, wie wir am Dienstag, den 16.5.2023 erfahren haben. Fassbinder war einer der wichtigsten Akteure der deutschen Schwulenbewegung, Gründungsmitglied der HAW (Homosexuelle Aktion West), Mitinitiator des Schwulenzentrums SchwuZ und von 1978 bis 1981 Co- und bis 2005 alleiniger Leiter des Verlags Rosa Winkel, dem ersten deutschsprachigen Verlag der Nachkriegszeit, der sich auf schwule Literatur konzentrierte.

Mit dem Schwulen Museum war Fassbinder vor allem in der Anfangszeit eng verbunden. Er gehörte zu den Unterzeichnern der Gründungsurkunde, und seine Büchersammlung gehörte zum Anfangsbestand des Archivs. Zu vielen Ausstellungen des Schwulen Museums gab Fassbinder in seinem Verlag die Kataloge heraus. Museumsmitgründer und langjähriger Kurator Wolfgang Theis nennt ihn „einen tatkräftigen Unterstützer in den ersten Jahren“. Zum 25. Jubiläum kuratierte Theis im Jahr 2000 eine kleine Hommage an den Verlag Rosa Winkel, in dem Fassbinder nicht nur zeitgenössische Literatur (u.a. die frühen Comics von Ralf König) und aktuelle Forschungsstudien herausgab, sondern auch Wiederveröffentlichungen von Werken der ersten Schwulenbewegung, u.a. von Hirschfeld, Ulrichs, Hössli und Kertbeny. „Mit Egmonts Tod geht ein großes Wissen über unsere Geschichte verloren“, so Theis.

1998 wurde Fassbinder mit dem Osnabrücker Preis „Rosa Courage“ für sein herausragendes Engagement für die Belange von Lesben und Schwulen ausgezeichnet. Sein Kriterium für die Aufnahme in sein Verlagsprogramm begründete er einmal folgendermaßen: „Wichtig an einem Buch ist, wenn es Dinge zur Sprache bringt, die bisher noch keiner so gesagt hat. Denn nur die Sprache eröffnet neue Blickpunkte auf Dinge, die uns umgeben.“

 

Foto: „Der Verleger Egmont Fassbinder beim Verlegen oder auf der Suche nach etwas Verlegtem“, Christian Müller / Photopress, Archiv Schwules Museum Berlin