burger Button

Neu in der Kunstsammlung: Das Schwules Museum erwirbt eine fotografische Serie und zwei Einzelarbeiten von Annette Frick

6. Dezember 2024

Annette Frick (*1957) ist eine der bedeutendsten Fotografinnen der queeren Subkulturen Berlins. Ihre stilistisch unverkennbaren, so intimen wie respektvollen Porträts von „Gender Outlaws“ (Kate Bornstein) zeugen von ihrer großen Verbundenheit mit diesen Communities. In über drei Jahrzehnten hat Frick ein beeindruckendes visuelles Archiv geschaffen, das heute Teil des queeren Kanons ist. Ihr Werk wurde in zahlreichen Ausstellungen präsentiert, darunter „Das Achte Feld: Geschlechter, Leben und Begehren in der Kunst seit 1960“ im Museum Ludwig, Köln (2005), „Abriss, Trümmertunten und internationale Individuen: Berlin 1991 – 2010“ im Märkischen Museum (2019) und die umfassende Retrospektive „Ein Augenblick im Niemandsland“ im Marta Herford Museum (2023). Bereits 2003 zeigte das Schwule Museum die Ausstellung „FUCK GENDER: Fotos von Annette Frick, 1995-2003“. Die gleichnamige Reihe, ein seit 1990 laufendes Projekt, ist eine zentrale Werkgruppe in Fricks Œuvre. Mit großzügiger Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und in Zusammenarbeit mit der Galerie ChertLüdde konnte das Schwule Museum eine Serie und zwei Einzelarbeiten von Annette Frick für seine Sammlung erwerben.

Die Serie mit dem Titel „Gunter“ (sechs Schwarzweißfotografien, 1995) zeigt den Künstler und Aktivist der queeren Gehörlosen-Bewegung Gunter Trube (1960–2008), der 1996 zusammen mit der Deutschen Aidshilfe Präventionsmaterial für gehörlose Schwule entwickelte, im Prozess des „getting into drag“. „Portrait of Fiona & a Friend“ (2001) zeigt zwei Drag Queens. Eine Fotografie aus dem Jahr 1999 porträtiert Polittunte, Schwulenaktivist*in, Modedesigner*in, Schauspieler*in, TV-Moderator*in, Entertainer*in (und vieles mehr) BeV StroganoV.

Die Kulturstiftung der Länder förderte den Ankauf mit 10.000 Euro. Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Die eindrucksvollen Porträts von Annette Frick bilden nicht nur die lebendige kulturelle Vielfalt Berlins und die Lebensrealitäten von LGBTQ-Personen ab, sondern zeigen auch, wie vielfältig die Community selbst in sich ist. Ich freue mich sehr, dass die Kulturstiftung der Länder den Ankauf dieser, nicht zuletzt als zeithistorische Dokumente wertvollen, Werke unterstützen konnte – und das kurz vor dem 40. Jubiläum des Schwulen Museums im nächsten Jahr.“

In der Sammlung des SMU befinden sich bereits neun Arbeiten der Künstlerin. Kernstück ist die fünfteilige Mappe „Fuck Gender“ (2003) mit Aufnahmen von Stars der Berliner Drag-Szene wie Gérôme Castell (1997), Johnny Kingsize (2003) oder Tilly Creutzfeld-Jakob + Camilla Light (2000). Daneben findet sich eine Reihe von einzelnen Porträts (Tima, die Göttliche, o.J., und Ovo Maltine als Marlene Dietrich, 1993). Laut Birgit Bosold und Ben Miller, beide im Vorstand des schwulen Museums, korrespondieren Annette Fricks Arbeiten mit zentralen Sammlungsbereichen des SMU, z.B. mit dem Werk des bekannten schwulen Fotografen Jürgen Baldiga, der 1993 an den Folgen einer AIDS-Erkrankung verstarb und dessen umfangreicher Nachlass sich im SMU befindet. „Fricks Perspektive fügt Baldigas Blick entscheidende künstlerische und historische Aspekte hinzu, denn zusammen vermitteln sie einen vielschichtigen Einblick in die lebendige und widerständige queere Subkultur inmitten der HIV- und AIDS-Krise und beleuchten deren Lebens- und Überlebens-Strategien vor dem Hintergrund der sich stark verändernden politischen und sozialen Realitäten und der sehr dynamischen Entwicklung im Berlin der unmittelbaren Vor- und Nachwendezeit“, so Birgit Bosold.

Am 6. Dezember eröffnet im Schwulen Museum die Ausstellung „FUCK GENDER. Fotografien von Annette Frick aus der Sammlung Schwules Museum“. Sie präsentiert die neu erworbenen Werke der Künstlerin zusammen mit ausgewählten Stücken aus dem Bestand des Museums.

Foto: Annette Frick, aus der sechsteiligen Serie „Gunter“, 1995, Abzug der Künstlerin auf Silbergelantine-Barytpapier, 24×18 cm; Schwules Museum, (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2024