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Newsletter 07 2020

6. Juli 2020

Das SMU im Juli

Schon gehört? Das Schwule Museum will nach Kreuzberg ziehen! So rauschte es kürzlich durch die Berliner Presse – und schon fragten einige Stammgäste besorgt nach, ob sie in Berlin-Tiergarten bald vor verschlossenen Türen stehen. Und warum wir denn niemandem davon erzählt haben.

Richtig ist: Wir fühlen uns seit sieben Jahren sehr wohl in der Lützowstraße, doch langsam wird es zu eng. Vor allem unsere Sammlung im Untergeschoss platzt aus allen Nähten; für die Mitarbeiter*innen in der Verwaltung im ersten Stock sind kaum mehr genug Schreibtischplätze da. Deswegen machen wir uns Gedanken um die Zukunft. In einer vom Senat finanzierten Machbarkeitsstudie prüfen wir derzeit, welche Alternativen es in der Stadt gibt und ob es sogar möglich ist, neu zu bauen. Bis zu 15 Gebäude und Grundstücke waren und sind im Gespräch, einige davon in der alten SMU-Heimat Kreuzberg. Diese Idee finden besonders die Kreuzberger Grünen gut, weswegen sie in der Bezirksversammlung offiziell ihre Unterstützung für die möglichen Pläne kundgetan haben. Daher die Schlagzeilen.

Jedoch: Die Vorstellung der Studienergebnisse steht noch aus. Natürlich können wir uns gut vorstellen, wieder nach Kreuzberg zu ziehen – schließlich haben wir dort viele schöne Jahre verbracht und der Bezirk ist von allen Ecken Berlins aus gut erreichbar. Fest steht das deshalb aber noch nicht. Und wenn wir tatsächlich umziehen, dann mit Sicherheit nicht in den nächsten drei Jahren. Im Moment reden wir also eher noch von Luftschlösschen als von einer festen neuen Heimat.

Versprochen: Bevor ihr euch eine neue Adresse merken müsst, sagen wir rechtzeitig Bescheid. Bis dahin wisst ihr, wo ihr uns findet. Auf bald in der Lützowstraße!

Euer SMU-Team

Aktuelle Ausstellungen

Wer genau nachlesen will, was Amos Badertscher auf dieses Bild seines Models Tony aus dem Jahr 1976 geschrieben hat, kann das noch bis zum 27. Juli tun (Foto: Paul Sleev)

Erlebt queere Subkultur durch die Augen der Fotografen Amos Badertscher und Nihad Nino Pušija: Noch bis zum 27. Juli laufen die Ausstellungen „The Souls Around Us“ und „Queens“ im Schwulen Museum und präsentieren nicht-heteronormative Lebenswelten in Baltimore respektive Berlin. Wer noch ein paar gute Gründe für den Besuch sucht, findet sie hier in einem ausführlichen Gespräch mit Nino in „Art in Berlin“ oder hier in einer tollen Ausstellungsbesprechung des New Yorker „Artforum“ über die Badertscher-Schau.

Auch über den Juli hinaus im Programm bleiben unsere prächtige Archiv-Schau „100 Objekte: An Archive of Feelings“ und der Dauerbrenner „Love at First Fight!“, der am 19. Juli schon ein ganzes Jahr bei uns läuft. Große Partys feiern können wir ja immer noch nicht, aber schaut gern während der Öffnungszeiten vorbei und sagt Happy Birthday.

Live aus dem Schwulen Museum

Was Intersektionalität bedeutet und warum sie so wichtig ist: am 9. Juli per Live-Stream aus dem Schwulen Museum (Bild: Images of Intersectionality)
Wir hoffen darauf, ab August wieder Live-Veranstaltungen mit Gästen im Museum anbieten zu können. Vorher gibt es aber schon mal einen ganz besonderen Livestream zu sehen. Am 9. Juli um 19 Uhr stellen Heinz-Jürgen Voß und Christopher Sweetapple ihr neues Buch „Intersektionalität: Von der Antidiskriminierung zur befreiten Gesellschaft?“ live auf unserem Facebook-Kanal vor, anschließend wird diskutiert.

Intersektionalität wurde in der Bundesrepublik bereits seit den frühen 1990er-Jahren von Linken eingefordert, die als Jüdinnen, People of Color und/oder Menschen mit Behinderung ihre Situation als Mehrfachdiskriminierte im Ein-Punkt-Aktivismus etwa der Frauen- und Homobewegung nicht berücksichtigt sahen. Heute erfährt der vor allem im queerfeministischen Spektrum of Color verbreitete intersektionale Ansatz, der den gängigen Rassismus thematisiert, zum Teil heftigen Widerspruch nicht nur von rechts, sondern auch von links. Der Vorwurf lautet, hier werde „Identitätspolitik“ zulasten eines Engagements für eine grundlegend andere, bessere Gesellschaft betrieben.

Bei der Vorstellung des Buches, das Sweetapple und Voß mit Salih Alexander Wolter verfasst haben, soll deutlich werden, was Intersektionalität bedeutet, sowohl theoretisch fundiert als auch praktisch orientiert. Und wie sie für linke Politik unter den heutigen Verhältnissen äußerst produktiv sein kann.

Digitales Symposium 

Vormerken könnt ihr euch schon mal den 24. September. An dem Tag veranstaltet die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Kooperation mit dem Schwulen Museum ein digitales Symposium zum Thema Kindesmissbrauch im Rahmen der sogenannten Pädosexuellenbewegung. Die Veranstaltung findet von 10 Uhr bis 14.30 Uhr statt. Genauere Informationen zum Inhalt und zur Anmeldung folgen in den kommenden Wochen auf unserer Website und in den sozialen Medien.

Ehrenamtliche*r des Monats: Sydney

Seit Sydney aus Boston im Jahr 2015 als Touristin in Berlin das Schwule Museum besucht hat, wusste sie: „Da will ich mal arbeiten.“ Hat geklappt. Heute studiert sie Geschichte an der Berliner Humboldt-Uni und engagiert sich ehrenamtlich im SMU – vor allem in der Bibliothek ist sie dort zu finden und hilft Besucher*innen sich in den Regalwänden aus über 20.000 Titeln zurecht zu finden. Im Interview auf unserer Website erzählt sie, wie sie sich neben ihrer Arbeit im Museum für den Kampf gegen rassistische Polizeigewalt engagiert, was sie an Pornos spannend findet und warum ihr Lieblingsbuch aus der SMU-Bibliothek ein Kochbuch ist.

Objekt(e) des Monats: Petra-Gall-Auswahl

Warum nur ein Objekt des Monats, wenn es drei sein können: Kostbarkeiten aus unserer Petra-Gall-Sammlung. (Foto: Harriet Riemer)

Der Drang nach Bewegung prägte ihr Leben. Petra Gall wurde 1955 im Saarland geboren, studierte Geschichte, Politik und Slavistik in Konstanz und kam Anfang der 1980er Jahre nach Westberlin. Das Fotografieren hat sie sich selbst beigebracht – und das so gut, dass bald tazZitty und die Courage auf sie aufmerksam wurden. Während der 80er und 90er Jahre hat Petra Gall vor allem die Berliner Frauen- und Lesbenszene fotografisch begleitet, später wandte sie sich ihrer großen Leidenschaft zu, dem Motorradfahren. Sie produzierte Tourenreportagen aus der ganzen Welt.

Im Jahr 2012 wurde Petra Galls Sammlung ins Museum überführt, sechs Jahre vor ihrem Tod. Die drei Objekte des Monats, die ab Juli im Museumscafé ausgestellt werden, zeichnen ihre Karriere-Anfänge 1982 nach: Ihr erster Lesbenkalender, den sie noch in Konstanz unter dem Namen Petra Panther veröffentlicht hat; eine Karte mit der Aufschrift „Die Zukunft ist weiblich“ aus einer frühen Serie feministischer Postkarten; und die erste Ausgabe der Berliner Frauen-Foto-Zeitung „ATROPiN“, zu deren Redaktionsteam sie gehörte. Mehr zu alledem hier auf unserer Website.

„Wiki loves Pride“: mehr queere Inhalte für Wikipedia

Im Juli feiert Wikimedia Deutschland, der hiesige Förderverein hinter der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia, die Pride-Saison – und ruft dazu auf, die Präsenz von Themen und Menschen aus der LSBTIQ+-Welt in allen Wikimedia-Projekten zu stärken. Dieses Anliegen unterstützen wir als Schwules Museum natürlich gern. Deswegen: Setzt euch an den Computer und tragt queeren Content zur Wikipedia bei, korrigiert oder ergänzt ihn, ladet Bildmaterial hoch oder erstellt Datensätze auf Wikidata! Macht unsere Kultur sichtbar. Mehr dazu erfahrt ihr: hier.