Vom 15. Juli zum 17. Oktober 2016
Im Schwulen Museum* Berlin zeigen wir zum ersten Mal eine Ausstellung zu Peter Kothes Oeuvre als Bühnenbildner und Set Designer. Die Ausstellung dokumentiert sein Leben im schwulen Untergrund der DDR und seine frühen Arbeiten fürs ostdeutsche Fernsehen, beispielsweise Ninotschka sucht den Frühling 1971.
Nachdem Kothe sich – auf seine typisch ehrfurchtslose Art – für ein Reisevisum in den “kapitalistischen” Westen bewarb, wurde er unter Beobachtung gestellt. Er durfte fortan nur noch an kleineren Provinztheatern arbeiten: Frankfurt/Oder, Wittenberg, Greifswald usw. Dort konnte er allerdings unbehelligt mit Cross-dressing und „queeren“ Interpretationen experimentieren, was in den prominenteren Großbühnen der DDR unmöglich gewesen wäre. Zum Beispiel entwarf er für Heiner Müllers Weiberkomödie Kostüme, wo sich ein männliches Bauarbeiterkollektiv als Frauen verkleidet: und zwar als Doppelgänger der lesbischen US-Amerikanerin Angela Davis, von den “Black Panthers”. Kothe arbeitete auch an der Anti-Kriegs-Operette Lysistrata von Paul Lincke, in der Frauen Männern Sex verweigern, bis die Soldaten die Kampfhandlungen beenden.
Am 22. Oktober 1984 wurde Kothe von den DDR-Behörden ausgewiesen und zog in den Westen. Dort entfaltete sich sein Leben als schwuler Mann neu. Er infizierte sich mit HIV, wie viele Männer in dieser Epoche. Es entstanden Arbeiten fürs Theater in Bielefeld, u. a. für Brecht-Produktionen. Vor allem aber arbeitete Kothe zusammen mit Regisseur Rosa von Praunheim. Er war verantwortlich für die Kostüme und Ausstattung der Filme Ich bin meine eigene Frau über Charlotte von Mahlsdorf, die Kothe aus DDR-Tagen kannte. Außerdem arbeitete er am Magnus-Hirschfeld-Epos Der Einstein des Sex mit, prominent besetzt mit Ben und Meret Becker sowie Otto Sander.
Er starb 2015 in Berlin. Seinen künstlerischen Nachlass hatte er zuvor bereits der Stiftung Stadtmuseum übergeben, seinen Privatnachlass dem Schwulen Museum* vermacht. Durch die Kooperation mit der Stiftung Stadtmuseum Berlin ist es nun möglich, das Gesamtleben Kothes zwischen Ost und West erstmals vollständig darzustellen, mit vielen Exponaten zur Theater- und Zeitgeschichte, privaten Fotos ebenso wie Seiten aus DDR-Modezeitschriften wie Sybille, in denen man Kothe als Fashion Model 1976 sehen kann. Auch sein Reiseantrag ist im Original ausgestellt.
Bühnenbild: Peter Kothe. Ein ostwestdeutsches Leben setzt die Reihe von Ausstellung über queere Bühnenbildner am Schwulen Museum* fort. Sie wurde kuratiert von Wolfgang Theis und ist bis zum 17. Oktober zu sehen sein.