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3. Mond: Bildet Banden! Rahmenprogramm

28. März 2018

Das dritte Filmprogramm der 12 Monde-Filmlounge stellt zwei Filme gegenüber: den lesbisch-feministischen Klassiker Born In Flames (USA, 1983, Englisch mit deutschen Untertiteln) von Lizzie Borden und das trans*-queere Anarcha-Musical Folkbildningsterror (“Volksbildungsterror”, Schweden, 2014, Schwedisch mit englischen Untertiteln) von Lasse Långström und den Göteborgs Förenade Musikalaktivister. Beide Filme positionieren sich gegen den individualisierten Kampf und vertrauen auf die revolutionäre Kraft von Kollektiven.

Born in Flames kann als direkte Intervention in linke Debatte von damals wie heute verstanden werden und erlaubt einen kritischen Blick auf Kollektivität und deren wiederkehrenden Ausschließungsmechanismen. Der Film verhandelt auf sensible Weise die Vielstimmigkeit von Feminismen und ihren Konflikten untereinander – eine harmonische Lösung bleibt aus. Folkbildningsterror hingegen zeichnet das Bild unterschiedlicher, aber vereinter anarcha-feministischer Kollektive. Folkbildningsterror hingegen zeichnet das Bild unterschiedlicher, aber vereint kämpfender anarcha-feministischer Kollektive. Genderqueer, trans*, lesbisch, schwul und posthuman spielen sie selbstironisch auf der Klaviatur der Gendertheorien und kämpfen gegen den zunehmenden Ausverkauf des schwedischen Wohlfahrtsstaates. Im Zentrum des radikal-politischen Glitzer-Pop-Musicals steht das Kollektiv als Ausdruck von Solidarität und der immensen Bedeutung der queeren Familie.

Im Spannungsfeld von Authentizität vermittelnder DIY-Ästhetik und inszenierter Handlung mit einem breiten Spektrum an Akteur*innen und widerständigen Aktionen ermöglichen beide Filme ein selbstkritisches Nachdenken über die Potentialität von Kollektiven und deren Kooperationen: Wie kann sich politischer Kampf und queere Zukunft im 21. Jahrhundert ausgestalten und welche Rolle kommt der Kunst dabei zu?

Rahmenprogramm

6.4.2018: Filmscreening und Künstler*gespräch

Lasse Långström diskutiert mit Atlanta Ina Beyer kollektive queere Praxen und Politiken von Film. Film kann ein kraftvolles Instrument in der Entwicklung von Visionen sein, beispielsweise beim Aushandeln und Etablieren neuer Auffassungen von Gesellschaft, queerer Kollektivität und Politik. Die Diskussion fokussiert auf die Politiken von Narrativen und Ästhetik, aber auch auf kollektive Produktionsprozesse und die spezifischen Potenziale des Musicals. Wie können wir queere Communities schaffen und erhalten und wie können Film und seine Narrative uns dabei helfen, unsere politischen und sexuellen Begehren zu manifestieren?

Lasse Långström ist ein Regisseur aus Göteborg, Schweden, der oft mit seiner queeren Community und Freund_innen zusammenarbeitet. Seine Arbeit mischt das Persönliche mit dem Politischen, das Anarchische mit Humor, das Musical mit dem Sexuellen. Erst neulich tourte er mit seinem mit seinem neuesten Film Who Will Fuck Daddy (2017), prämiert mit dem ZINEGOAK-Preis für den besten experimentellen Film des Bilbao Film Festivals, durch Europa und durch die USA. Långströms Werk umfasst zudem eine Reihe von Kurzfilmen, z. B. Robert Frank (2013), Shave me, mirror me (2015) and Cry Alliance of Our Hatred (2010). Seine Arbeiten wurden bei Festivals wie MIX New York, Korea Queer Film Festival, TILDE Australia, Berlin Porn Film Festival und Transcreen Amsterdam gezeigt. Im Dezember 2017 zeigte das Anthology Film Archive in New York eine Mini-Retrospektive seines Werks.

Lasse Långström steht für Interviews zur Verfügung.

Atlanta Ina Beyer ist eine Anthropologin, Journalistin und Autorin. Im Rahmen ihres Dissertationsprojekts erforscht sie (intermediale) ästhetische Strategien, die in Zines und musikalischen Produktionen queerer Punk-Bewegungen entworfen werden. Ihr Interesse gilt der utopisch-projektiven Kraft queerer Ästhetik für Neuverhandlungen des Politischen – des Gemeinsamen und Umkämpften – innerhalb queerer Bewegungen und darüber hinaus. Sie ist Mitherausgeber_in von Perverse Assemblages. Queering Heteronormative Orders Inter/medially (Revolver Verlag, Berlin, im Erscheinen – zusammen mit Barbara Paul, Josch Hoenes, Natascha Frankenberg und Rena Onat).

Die schwedischen Filmemacher*innen Göteborgs Förenade Musikalaktivister haben mit Folkbildningsterror ein Musical geschaffen, das sich radikal-queerer Militanz verschreibt. Der Film ist eine knallbunte Kampfansage an Fahrkartenkontrollen und die Homoehe, Arbeitsämter und die Gefangenschaft von Tieren, die Pathologisierung und Diskriminierung von Trans*personen und die Staatsgewalt. Der neoliberale, schwedische Staat macht Theos Mutter krank. Buchstäblich erschlagen vom Geist der Durchökonomisierung trifft Theo auf Trans*frau Kleopatra und einen gewaltbereiten Hasen. Eine stetig wachsende Gruppe schließt sich den drei Protagonist*innen an, die schlussendlich im Plenum debattiert, ob eine EU-Förderung für ihren Widerstand in Frage käme. Sie verstehen sich als queer-feministisch, antikapitalistisch und linksautonom. Selbstironisch kommentieren sie ihre eigene Szene, nehmen rezeptfreie Hormonpräparate, verbannen toxic masculinities aus anarchistischen Räumen, vertrauen auf Schwarze Magie, leben ihre sexuellen Fantasien aus und stehen füreinander ein. Und dann heißt es: „Glitter and Guns!”. Mit selbstgemachten Songs und Choreografien und der Hilfe einer dänischen Terrorzelle ziehen sie singend und tanzend in den bewaffneten Kampf. Ihre Lieder sind dabei Instrumente des Widerstands – sie üben Kritik und entwerfen erlösende Utopien.

18.00 Uhr    Filmscreening: Folkbildningsterror (Schwedisch mit engl. UT, 120 Minuten)
20.00 Uhr    Künstler*gespräch: Regisseur* Lasse Långström mit Atlanta Ina Beyer, Moderation: Vera Hofmann

Das Gespräch wird auf Englisch stattfinden.

12.4.2018: Work in Progress

Stephanie Bart liest aus ihrem Romanmanuskript mit dem Arbeitstitel Ums Ganze. Der Roman begleitet Gudrun Ensslin bei ihrem Kampf in und mit der Roten Armee Fraktion gegen den Imperialismus. Wie in ihrem letzten Roman (Deutscher Meister, 2014) untersucht die Autorin die möglichen Praktiken des Widerstands in der Auseinandersetzung mit der herrschenden Macht.

Stephanie Bart, geboren 1965 in Esslingen am Neckar, studierte Ethnologie und Politische Wissenschaften an der Universität Hamburg und lebt seit 2001 in Berlin. Für Deutscher Meister erhielt sie ein Stipendium des Deutschen Literaturfonds 2011 und 2012 den Rheingau Literaturpreis. Der aktuelle Roman wird gefördert vom Berliner Senat und der Stiftung Alfred-Döblin-Preis in der Akademie der Künste (Berlin).

19.00 Uhr    Lesung Work in Progress mit Staphanie Bart, Moderation: Dr. Birgit Bosold

Mehr Informationen und Filmbeschreibungen finden Sie hier.

Team:
Gesamtkuration: Vera Hofmann
Szenografie: mit Carolin Gießner, Théo Demans
Assistenz: Felix Roadkill, Anina Falasca

Kuration 3. Mond: mit Merle Groneweg
Dank an Marit Östberg und Edition Salzgeber

Aufführungszeiten der Filme

Born In Flames läuft auf dem Monitor, Folkbildningsterror als Projektion auf großer Leinwand, beide in Dauerschleife, beginnend zur jeweiligen Öffnungszeit des Museums.