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SMU@Bode-Museum: Der zweite Blick – Spielarten der Liebe

5. September 2019

Der Zweite Blick – Spielarten der Liebe

Das Bode-Museum in Berlin wagt ab September 2019 einen queeren Blick auf die eigene Sammlung. „Spielarten der Liebe“, der erste in Kooperation mit dem Schwulen Museum entwickelte Teil der neuen Ausstellungsreihe „Der Zweite Blick”, bietet eine zweite Perspektive auf Sammlungswerke, die sich mit der Vielfalt sexueller Identitäten, ihrer Wahrnehmung, Bewertung und künstlerischer Verarbeitung befassen. Die über die gesamte Sammlung angelegten fünf Rundgänge mit 23 Objekten bieten Einblicke in die künstlerische und gesellschaftliche Beschäftigung mit LGBTIQ+ Sexualitäten und Identitäten, die in der Kunst immer präsent waren, aber nur wenig Beachtung gefunden haben. Das Schwule Museum hat dafür eine besondere Rarität aus der eigenen Sammlung beigesteuert: zwei Tanzmünzen aus dem legendären Berliner Travestie-Lokal „Eldorado” – wo die heteronormativen Vorstellungen von Geschlechts und Sexualität schon  in den 1920er Jahren jeden Abend wieder über Bord geworfen wurden.

LGBTIQ+ im Kontext der vergangenen Epochen

Dabei wird auch deutlich, dass der gesellschaftliche Umgang mit LGBTIQ+ Themen keiner linearen Entwicklung unterliegt, sondern in den verschiedenen Epochen und gesellschaftlichen Kontexten bisweilen unterschiedlich geführt wurde. So wurde beispielsweise die in der Antike herrschende Liberalität gegenüber männlicher Homosexualität im christlichen Mittelalter, das die zweigeschlechtliche Paarbeziehung als Keimzelle des christlichen Glaubens begriff, wieder zurückgenommen.

Österreich, Heilige Margarete, Detail eines Retabels, um 1517, Linden- und Nadelholz, gefasst, © Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst / Antje Voigt

Fünf thematische Routen innerhalb der Sammlung

„Spielarten der Liebe“ ist ein Angebot des Bode-Museums, die Sammlung auf fünf verschiedenen Routen aus queerer Perspektive neu zu entdecken.

  1. Die erste Route spürt der homoerotischen Darstellung des heroischen Soldaten nach.
  2. Die zweite Route widmet sich Kunstwerken von queeren Künstler*innen.
  3. Schwule Auftraggeber stehen im Fokus der dritten Route.
  4. Die vierte Route beschäftigt sich mit Darstellungen von weiblicher Intimität und lesbischer Liebe.
  5. Die fünfte Route setzt sich mit Geschlechtszuordnungen auseinander.

Viele der  vorgestellten Kunstwerke wurden dabei gar nicht aus einem spezifischen Blickwinkel jener Gruppen geschaffen, die heute mit dem Kürzel LGBTIQ+  charakterisiert werden, sondern waren bereits ab dem Moment ihres Entstehens unterschiedlichsten Deutungen ausgesetzt: durch die Künstler*innen selbst, durch die Auftraggeber*innen, und durch die Millionen von Betrachter*innen, die sie bis heute in Augenschein genommen haben.  Andere Werke hingegen waren durch die Darstellung gleichgeschlechtlicher Zuneigung schon zu ihrer Zeit revolutionär, selbst wenn sie frei von explizit sexuellen Elementen waren.

Giambologna, Mars Gradivus, um 1580, Bronze, © Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst / Jörg P. Anders

Das Projekt

Die „Spielarten der Liebe“ können vor Ort anhand von Infoblättern erforscht werden und stehen als Online-Katalog zur Verfügung. Die Themen werden von September 2019 bis März 2020 im Rahmen einer Vortragsreihe vertieft, die von der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung, dem Instituto Cervantes Berlin und der Botschaft von Spanien in Deutschland gefördert. „Der zweite Blick“ wird unterstützt von Museum&Location.

Berlin, Tanzmarken des Tanz- und Travestie-Club „Eldorado“, ca. 1930, Aluminium, © Schwules Museum