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Die Verschwörung der Opernschwulen. Oder: Homophobie im internationalen Opernbetrieb. Eine Podiumsdiskussion

25. Mai 2017 19:00

Man könnte meinen, das Thema Homosexualität in der Opernwelt sei heute kein Problem mehr – aber weit gefehlt. Erst im September 2016 schilderte die Kritikerin Eleonore Büning in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass „auffallend viele Schwule Oper toll“ fänden, aber dass ihre Begeisterung so „wahnsinnig anstrengend“ sei. Mehr noch: Die Opernschwulen würden sich neuerdings auch als politische Gruppe zusammenrotten, um Künstler_innen wie der georgischen Sopranistin Tamar Iveri das Berufsleben schwer zu machen, nachdem diese homophobe Bemerkungen auf Facebook gepostet hatte. Die Folge: Das gay friendly Opernhaus Sydney, wo Iveri auftreten sollte, schmiss sie raus! Büning findet das unerhört und unfair. Später erklärte sie gegenüber dem Schwulen Museum*, dass sie auch über unsere Siegfried-Wagner-Ausstellung voraussichtlich nicht berichten könne, weil das nicht in die FAZ passe. Warum genau, muss offen bleiben. Und wieso Le Monde aus Frankreich und El Mundo aus Spanien darüber berichten konnten, nicht aber die FAZ, bleibt weiterhin ein Geheimnis der deutschen Medienlandschaft.

Da fragt man sich schon, wie offen der Umgang mit dem Thema Homosexualität in der Opernwelt eigentlich ist. Der Blogger Johannes Kram hat eine gepfefferte (analytische) Büning-Replik veröffentlicht unter dem Titel „Die Verschwörung der Opernschwulen“ und gezeigt, dass es hier um knallharte Machtpolitik geht, die sich hinter einer schöngeistigen Feuilletonfassade versteckt. Und es geht um ideologische Grundsätze: Indem man manchen Themen keine Plattform gibt, verschafft man entsprechenden Gruppen keine Sichtbarkeit. Und wenn, dann nur eine negative, vor der man sich fürchten muss!

Unlängst brannte die Diskussion abermals auf, als ZEIT-Opernkritikern Christine Lemke-Matwey das komplette Kreativteam der Eduard II-Premiere an der Deutschen Oper Berlin „outete“ und beklagte, dass nicht mal Schwule selbst in der Lage seien, ein schwules Sujet künstlerisch wertvoll auf die Opernbühne zu bringen. Mit dem Verweis: Da sollten die Operntunten doch lieber Musik auf einer Gay Cruise im Mittelmeer machen, statt Staatssubventionen zu vergeuden. Es hagelte Proteste, u. a. vom Deutschen Bühnenverein. Aber war der satirisch zugespitzte Artikel von Lemke-Matwey wirklich homophob? Geht es nicht auch um homosexuelle Souveränität im Umgang mit Kritik?

Und wie homophob sind schwule Kritiker selbst, wenn sie sich lautstark über zu viel Cross-dressing und nackte Männerhaut in Inszenierungen von Barrie Kosky an der Komischen Oper Berlin beklagen oder wenn sie ihrerseits Eduard II verteufen? Wer darf da im aktuellen gesellschaftlichen Klima wie über wen sprechen? Frau Lemke-Matwey sagt selbst, sie habe das Gefühl, dass sich linker wie rechter wie schwuler Diskurs derzeit auf eine höchst ungute Art gegenseitig verstärken. „Humor wird da ebenso wenig verlangt wie freies Denken.“

Über all diese Aspekte diskutieren wir im Rahmen der Siegfried-Wagner-Ausstellung mit Johannes Kram (Nollendorfblog), dem Opernkritiker Manuel Brug (Die Welt) und mit Christine Lemke-Matwey (Die Zeit) selbst. Hat sich das Klima in den letzten Jahren verändert, wie steht das deutsche Feuilleton im internationalen Vergleich da und gibt’s inzwischen mehr offen schwul-lesbische oder Trans* Künstler_innen im Opernbetrieb? Wieso kann ein Stardirigent wie Christian Thielemann nicht über deine sexuelle Orientierung und über seinen Lebenspartner in Interviews sprechen? Schadet ein „Outing“ nach wie vor einer Karriere im wertkonservativen Klassikbetrieb? Wieso sind ausgerechnet hochgebildete elitäre Opernfans (und Opernkritiker_innen) so reaktionär?

Die Moderation übernimmt Kurator Dr. Kevin Clarke; Fragen des Publikums sind erwünscht.

Eintritt 4 Euro