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Diskussion: Aufarbeiten als kollektiver Lernprozess

26. April 2024 19:00

Das Schwule Museum (SMU) präsentierte von Oktober 2023 bis Februar 2024 die Ausstellung „Aufarbeiten: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Zeichen von Emanzipation„, gefördert vom Hauptstadtkulturfonds und der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Diese Ausstellung beleuchtete die Geschichte der Duldung pädosexueller Akteure in homosexuellen und jugendbewegten Emanzipationsbewegungen und dokumentierte Ansätze zur Aufarbeitung. Die begleitende Konferenz „Im Schatten von Emanzipation“ vertieft die Diskussionen und lädt Multiplikatoren, Forscher und Betroffene ein, um die Relevanz historischer Forschung und kollektiver Lernprozesse zu erforschen und die Rolle der Sexual- und Erziehungswissenschaften zu diskutieren. Internationale Perspektiven beleuchten die globalen Aspekte dieser Thematik.

Die Aufarbeitung von Schattenseiten der eigenen Geschichte gilt in emanzipatorischen Bewegungen oft als ‚Nestbeschmutzung‘ und verbindet sich mit Ängsten, damit konservativen und reaktionären Gegner*innen in die Hände zu spielen. Sich mit den Widersprüchen und Ambivalenzen der eigenen Vergangenheit und Gegenwart aktiv auseinanderzusetzen, bleibt aber eine Grundvoraussetzung, um emanzipatorische Ansprüche, Ziele und Strategien neu zu bestimmen, statt sich von den verdrängten Verstrickungen der Vergangenheit bestimmen zu lassen und ihre Fehler zu wiederholen. Aufzuarbeiten wie emanzipatorische Bewegungen sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Heranwachsende ermöglicht und legitimiert haben, ist ein wichtiger Baustein in kollektiven Lernprozessen, in denen es über Präventionskonzepte im engeren Sinne hinaus um grundsätzliche Fragen der Gestaltung der Gegenwart und Zukunft der emanzipatorischen Bewegungen und des Zusammenlebens in den mit ihnen verbundenen Communities geht.

Ingo Fock (Missbrauch e.V., Göttingen), Christopher Knoll (München), Markus Gutfleisch (Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche), Annemarie Selzer (FAX Beratungsstelle Kassel), Dénes Vorberger (Tauwetter Berlin), Holger Wicht (DAH Berlin)
Moderation: Birgit Bosold & Brigitte Oytoy