„Ganz leben oder gar nicht!“, notierte Hans Scholl, und es ist erstaunlich, welche Erfahrungen sich in seinem kurzen Leben verdichten. Während er zum Fähnleinführer in der Hitlerjugend aufstieg, leitete er eine verbotene Jugendgruppe, die abenteuerliche Fahrten unternahm und verpönte Schriftsteller las. Er liebte Jungen und Mädchen, schrieb Gedichte und Erzählungen. Als Medizinstudent interessierte er sich vor allem für Philosophie und erlebte als Sanitätssoldat das Grauen an der Front. Er war mit Künstlern und Schriftstellern befreundet, verehrte Stefan George und zunehmend Thomas Mann.
Robert Zoske zeigt erstmals, wie sehr dessen Rundfunkansprachen die Flugblätter der Weißen Rose beeinflussten, die im Wesentlichen Hans Scholl verfasste und zusammen mit seinen Mitstreitern verbreitete. Der „ganz normale Deutsche“, als den man Hans Scholl bisher gerne gesehen hat, erweist sich als eine faszinierend vielschichtige Gestalt, eine Ausnahmeerscheinung, die uns mit ihrem Freiheitsdrang und Widerstand bis heute unmittelbar anspricht. Der Vortrag zur fesselnd geschriebenen Biografie lässt sein Vermächtnis eindrucksvoll lebendig werden.
Dr. phil. Robert M. Zoske ist evangelischer Theologe, er war bis 2017 Pastor in Hamburg.