burger Button

Herkuleskörper, Winckelmann & Körperideale in der Schwulenszene: Eine Diskussionrunde

11. September 2017 19:00

Im Rahmen der Ausstellung Winckelmann – Das göttliche Geschlecht und Folsom Europe 2017

Göttliches Geschlecht – mit göttlichen Körpern? Wie wichtig sind in der heutigen Schwulenszene Herkules-Bodys, wie sie Kunsthistoriker Johann Joachim Winckelmann im 18. Jahrhundert an antiken Statuen bewunderte? Und seit wann sind solche Körper derart allgegenwärtig im realen Leben, zum Beispiel beim Folsom-Straßenfest in Berlin? Und was ist, wenn man nicht so aussieht: hat man dann eine Chance auf dem „Markt“?

Über sich wandelnde Körperideale – damals und heute – wollen wir anlässlich des Folsom-Wochenendes im Rahmen der Ausstellung Winckelmann – Das göttliche Geschlecht diskutieren, zwischen den Statuen von Herkules und dem Barberinischen Faun. Auf dem Podium: der Chef des Berliner Pornostudios Cazzo. Er hat selbst einen Herkules-Körper, sagt aber, dass es in der Berliner Szene weniger auf Muskeln ankomme, sondern auf „Löcher“ und „Schwanzgröße“. Genau das, was man bei den antiken Statuen in unserer Ausstellung nicht findet und was Winckelmann nicht in seinem „Kanon des Schönen“ auflistet. Durchaus behandelt von Winckelmann werden Daddy-Twink-Konstellationen, etwa in der verschiedenen Zeus-und-Ganymed-Darstellungen. Wir fragen den Cazzo-Chef, warum derzeit ausgerechnet diese Kombination aus der Kunstgeschichte des 18. und 19. Jahrhundert im zeitgenössischen Schwulenporno solch ein Revival erlebt.

Mit dabei zum Diskutieren ist SMU*-Gründer Wolfgang Theis, der darüber berichtet, wie er in den 1970er Jahren in New York erstmals die Tom-of-Finland-artigen Männer in Bars und Discos traf und wie sich dieser Muskel-Trend von den USA aus nach Deutschland verbreitete. Und wie die hiesige (eher linke politische) Aktivistenszene darauf reagiert.

Außerdem dabei: Der Künstler Mathias Vef,der im Grenzbereich von Körper und Identität arbeitet. Sein Interesse gilt „außergewöhnlichen Körpern, die oft Ausdruck einer außergewöhnlichen Identität sind“. Er ist fasziniert von Menschen, die ihren Körper als etwas sehen, was man „formen und erschaffen“ kann, wo der Körper zum „Ausdruck eines Bewusstseins“ wird und als formbares Material gesehen wird. Models und Künstler werden in seiner Arbeit zu Hackern, die ihre Körper und eigenen Form selbst hacken – und auch die Grenze zwischen Subkultur und Mainstream und die Entscheidung was ‚gut‘ aussieht hinterfragen. Als Künstler nimmt er dieses ‚Körper‘-Material, das die Models zur Verfügung stellen, und verarbeitet es in Collagen und mit der Chemikalie GHB, die sowohl als Droge als auch Dopingmittel verwendet wird.

Zu ‚außergewöhnlichen Körpern‘ spricht auch Kai Pörsken, IT- und Marketing Chef beim Gay-Lifestyle-Unternehmen Bruno Gmünder und mit Fragen der Repräsentation (und Nicht-Repräsentation) von Körpertypen ebenso vertraut wie mit dem Online-Dating-Verhalten von Schwulen.  Eine andere Note ins Gespräch bringt „Vukasin“, der sich in seinem Bekanntenkreis als DUF (Designated Ugly Friend) ausgibt, was zu ganz eigenen Erfahrungen mit dem „göttlichen Geschlecht“ geführt hat.

Für den kunstgeschichtlichen Kontext an dem Abend sorgt Winckelmann-Kurator Dr. Wolfgang Cortjaens als Moderator. Er wird die Veranstaltung zusammen mit Dr. Kevin Clarke leiten, Autor des Buchs Porn: From Andy Warhol to X-Tube und Kurator unserer Ausstellung Porn That Way.

Besucher_innen des Folsom-Straßenfests sind herzlich willkommen in entsprechenden Outfits zu kommen und mitzudiskutieren bzw. neben den Gipsabgüssen der antiken Statuen zu posieren.

Eintritt: 4 Euro