In politischen und medialen Debatten um Sexarbeit und Prostitution wird in Deutschland viel über „die osteuropäischen Prostituierten“ diskutiert. Diese Debatten reproduzieren allerdings hauptsächlich zahlreiche Osteuropa-Stereotype und wirken außerdem als Projektionsfläche für Migrationsängste. Die Lebensrealitäten von Menschen aus sogenannten „osteuropäischen“ Ländern, die in Berlin der Sexarbeit nachgehen, gestalten sich jedoch wesentlich komplexer. Das Buch „Prekäre Freizügigkeiten“ stellt einen Versuch dar, die Erfahrungen und Erzählungen von sexarbeitenden Menschen aus „Osteuropa“ zu dokumentieren. Dabei zeigt die Autorin und Sozial- und Kulturanthropologin Ursula Probst auf, wie sich in alltäglichen Gegebenheiten innerhalb und jenseits der Sexarbeit in Berlin vergeschlechtlichte, sexualisierte, klassisistische und rassifizierte Spannungsfelder zwischen neoliberalen „europäischen“ Freiheiten und Prekarisierung ausdrücken und die Lebensalltage dieser Personen prägen. Bei dieser Veranstaltung wird die Autorin das Buch vorstellen und diskutieren, wie aktuelle Debatten um „Osteuropa“ und die „osteuropäischen Prostituierten“ diese strukturellen Bedingungen und Prekaritäten zugunsten einer Fortschreibung gängiger Stereotype verschleiern.
Ursula Probst (sie/ihr) ist Sozial- und Kulturanthropologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität Berlin. Sie arbeitet zu Fragen rund um sexuelle Ökonomien, Arbeitsmigration, Gesundheit und der vergeschlechtlichten, sexualisierten und rassifizierten Konstruktion von „Osteuropa“ in Deutschland. Neben ihren Forschungen zu Sexarbeit in Berlin beschäftigt sie sich aktuell mit den Erfahrungen von mobilen systemrelevanten Arbeitskräften mit den pandemiebedingten Regulierungen in Deutschland.
Moderiert von Ernestine Pastorello. Die Veranstaltung findet in deutscher Lautsprache statt.
Eintritt: 4 €. Ort: Schwules Museum, Raum 4
Foto: Ursula Probst
„Prekäre Freizügigkeiten“ ist im Verlag transcript erschienen.