burger Button

Symposium: (Homo)Sexualität und Psychoanalyse

12. Januar 2018 12:00

Symposium: (Homo)Sexualität und Psychoanalyse
International Psychoanalytic University (Stromstr. 3B, 10555 Berlin)

Fr., 12. Januar, 20.00 Uhr & Sa., 13. Januar, 10.00 – 18.00 Uhr

im Rahmen der Ausstellung Faszination Sex im Schwulen Museum!

Kostenfreie Anmeldung unter: info@ipu-berlin.de

Programm:

Fr., 12.01., 20.00 Uhr: Eröffnungsvortrag von Martin Dannecker
Zur Lage des Homosexuellen

Sa., 13.01., 10.00 Uhr: Begrüßung

1. Panel: Historische Perspektiven
10.15 Uhr: Mario Erdheim – Adoleszenz, Homosexualität und Paranoia
11.15 Uhr: Dagmar Herzog – Die bemerkenswerte Beständigkeit der Homophobie in der Psychoanalyse

2. Panel: Triebschicksale und ihre Theorien
13.15 Uhr: Monika Gsell – Vom Schmusekätzchen zur aggressiven Bestie. Bisexualität, vollständiger Ödipuskomplex und das Triebschicksal des passiv-genitalen, sogenannt „weiblichen“ Wunsches
14.15 Uhr: Ralf Binswanger – Wiederholt sich die Geschichte? – nicht nur! Zu den Widerständen der Psychoanalyse gegen die Entpathologisierung erwachsener Sexualorganisationen
15.15 Uhr: Herbert Gschwind – Tatsächlich hängt die von Freud beschriebene Kategorie von Homosexualität mit der Pädophilie zusammen

3. Panel: Queer und Psychoanalyse?
16.30 Uhr: Victoria Preis – Sexualität in der queeren Psychoanalyse – Eine Bestandsaufnahme
17.15 Uhr: Sophinette Becker – Geschlecht und sexuelle Orientierung in Auflösung – was bleibt?

„Zur Homosexualität gehört nicht selten jene Unangepaßtheit im sexuellen Bereich, vor der die schaudernd zurückschrecken, die gerade noch bereit waren, sich tolerant zu verhalten.“
(Martin Dannecker, 1971)*

Als Sigmund Freud die Sexualtheorie als Herzstück der Psychoanalyse auszuarbeiten begann, ließ er sich nicht von der Vorstellung einer natürlichen Sexualität leiten. Die heterosexuelle Objektwahl galt ihm als nicht weniger erklärungsbedürftig als die homosexuelle. Doch was trotz begleitender Widersprüche mit Impulsen von Neugierde und kritischem Denken anhob, verkehrte sich in den Folgejahren der psychoanalytischen Theoriebildung zum Festhalten an der Norm einer vermeintlich reifen genitalen Heterosexualität. Die daraus entspringende feindselige und pathologisierende Haltung gegenüber Homosexuellen hat ihre Ausläufer bis in die jüngere Vergangenheit.

Heute ist eine offene Ablehnung der Homosexualität in der psychoanalytischen Community jedoch die Ausnahme und zaghaft setzte sogar eine Aufarbeitung des homosexuellenfeindlichen Erbes ein. Da allerdings die Sexualtheorie allgemein ihren Status zugunsten anderer Paradigmen eingebüßt hat, in den theoretischen Debatten folglich leisere Töne angeschlagen werden, bleibt zu diskutieren, was die Psychoanalyse heute zur (Homo)Sexualität zu sagen hat. Unser Symposium möchte hierzu eine Auseinandersetzung anregen.

Nicht ohne Grund laden wir zu dieser Diskussion im Zusammenhang mit der Ausstellung „Faszination Sex“ über den Theoretiker und Schwulenaktivisten Martin Dannecker. Als einer der bedeutendsten deutschen Sexualwissenschaftler ist sein theoretisches Arbeiten seit den 1970er Jahren von Grund auf geprägt von der freudschen Psychoanalyse. Auf deren Verständnis der Triebtheorie und des Subjekts beharrend, kritisiert Dannecker seit jeher die Ressentiments gegen Homosexuelle in der psychoanalytischen Theorie und Praxis.

Ausgehend von Danneckers umfangreichen Studien geben wir mit dem Symposium Anlass, um an zwei Tagen über das spannungsgeladene Verhältnis der Psychoanalyse zur (Homo)Sexualität zu diskutieren und neue psychoanalytische Theorieentwürfe in diesem Feld zu erforschen. Nicht zuletzt möchten wir das zentrale Anliegen Danneckers aufgreifen, eine kritische Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Erscheinungen des (Homo)Sexuellen fortzuführen.

Wir freuen uns auf spannende und anregende Diskussionen.

Aaron Lahl, Victoria Preis und Patsy l‘Amour laLove

*Martin Dannecker: Wer lächelt schon, wenn er aus dem Schlaf gerissen wird? In: Fernsehspiele Westdeutscher Rundfunk: Januar – Juni 1972. Veröffentlicht 1971.