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Wiederaneignung der eigenen Krankheitsgeschichte – ein Schreibworkshop

30. April 2023 14:00

Die Künstlerin Pelenakeke Brown zeigt in der Ausstellung „Queering the Crip, Cripping  the Queer“ einzelne Texte ihrer Krankheitsgeschichte, in denen sie große Textabschnitte mit einem schwarzen Stift durchgestrichen hat. Zurück bleiben einzelne Wörter, die sich wie Gedichte lesen. Sie hat dem Kunstwerk den Titel „grasp + release“ gegeben und beschreibt ihre kreative Praxis als „Ausgrabung“ mit der sie sich diese Wörter zurücknimmt. Andere Wörter und Erzählungen verschwinden und werden unkenntlich. Ihr Kunstwerk und die Ausstellung sind die Inspiration für unseren Workshop: Wir möchten selbstbestimmte Erzählungen zu Körper, Behinderung und Queerness stärken.

Behinderte, chronisch kranke, queere, trans*, inter*, neurodiverse und dicke Personen werden im Gesundheitssystem oft (psycho)pathologisiert – das heißt unsere Körper, Sexualität, Wahrnehmung und Lebensweisen werden als krankhaft oder abweichend angesehen. Dies ist sehr verschieden für die genannten Menschen, doch wir teilen, dass in Gutachten und Krankenakten über uns geschrieben wird. Oft in einer kalten und unverständlichen Sprache, voller Fachwörter. Andere Diskriminierungserfahrungen wie Rassismus, Sexismus, Klassismus kommen verstärkend hinzu.

In kleiner Runde möchten wir uns den eigenen Krankheitsgeschichten annähern. Wenn ihr möchtet könnt ihr Kranken- oder Therapieakten, Gutachten, Packungen eurer Medikamente, Packungsbeilagen, Rezepte, Krankenkassenbriefe oder Emails mit Kliniken/Therapeut_innen mitbringen. Ihr könnt dann vor Ort entscheiden, was ihr teilt oder was ihr nur für euch bearbeiten möchtet. Die Formen können vielfältig sein: So können Begriffe und Bewertungen gestrichen, hervorgehoben oder verändert werden. Ihr könnt jedoch auch ohne mitgebrachte Texte kommen und vor Ort darüber nachdenken, sprechen und/ oder schreiben. Wir zeigen ein paar Herangehensweisen, Übungen und Methoden, die für unseren Schreibprozess gut funktionieren.

Dieser Workshop ist für Menschen deren Körper, Geschlecht und Sexualität für krankhaft erklärt wurde oder wird – zum Beispiel behinderte, chronisch kranke, queere, trans*, inter*, neurodiverse oder dicke Personen. Wir möchten alle Teilnehmer_innen bitten auf ihre eigenen (psychischen) Grenzen zu achten. Wir wünschen uns gemeinsam einen Raum zu schaffen, der sich für uns alle möglichst safe anfühlen kann, um uns untereinander auszutauschen und gegenseitig Stärke zu bieten. Wir sprechen selbst aus einer betroffenen Perspektive. Wir können keine Beratung oder Betreuung bieten.

 

Referent_innen:

Orlando Meier-Brix macht Aktivismus, Forschung und Bildungsarbeit zu Geschlecht und Sexualität an der Schnittstelle zu Religion und Judentum. Er ist weiß, jüdisch, nichtbehindert, studiert, (gender)queer und trans. 2022 hat er gemeinsam mit Joy Reißner den Sammelband tin*stories (edition assemblage) zu trans, inter und nichtbinärer Geschichte herausgegeben. Seit 2021 ist er Guide im Schwulen Museum und als freier Bildungsreferent und Dozent aktiv.

Frede Krischan Macioszek ist weiß, trans* nicht-binär, endo und in einer katholischen Herkunftsfamilie groß geworden. Frede hat einen post-ost Spätaussiedler*innenhintergrund, ist nicht behindert und in erster Generation studiert. Frede ist seit einigen Jahren zu verschiedenen Themen tätig. Neben Klassismus hält Frede Vorträge und schreibt zu Themen rund um Geschlecht und Sexualität, Gesundheit, Verletzlichkeit und Verbündetenschaft. Frede ist seit 2019 im Schwulen Museum tätig.

Bitte meldet euch per Mail unter fuehrungen@schwulesmuseum.de an und schreibt uns einen Satz, warum ihr teilnehmen möchtet.
Kosten: 10 Euro, ermäßigt 3 Euro
Dauer: 4 Stunden

 

Der Workshop findet in deutscher Lautsprache in der Ausstellung „Queering the Crip, Cripping the Queer“ und im Bildungsraum des Schwulen Museums statt. Bei Bedarf besorgen wir gerne DGS-Dolmetscher_innen, bitte lasst uns das frühzeitig wissen, da diese oft ausgebucht sind. Das Museum ist stufenfrei zugänglich und hat rollstuhlgerechte Toiletten, weitere Barriereninfos findet ihr auf der Webseite https://www.schwulesmuseum.de/besuch/

 

Foto: Patricia Sevilla Ciordia/ Schwules Museum