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1. Mond: Am Anfang die Mütter

17. Januar 2018 – 14. Februar 2018

Der erste Mondzyklus im Programm der 12 Monde widmet sich den Beziehungen der Filmemacherinnen und Protagonistinnen zu ihren Müttern.

When I hear the deepest truths I speak coming out of my mouth sounding like my mother’s, even remembering how I fought against her, I have to reassess both our relationship as well as the sources of my knowing. (Audre Lorde)

Die Figur der Mutter dient kulturgeschichtlich als vielfältig undifferenzierte Projektionsfläche. Sie muss als symbolischer Platzhalter für den Nationalstaat herhalten oder als Sinnbild für missglückte Überwindungsversuche des Ödipuskonflikts. Sie wird zum Inbegriff einer authentischen Weiblichkeit bei gleichzeitiger Abschreibung eines sexuellen Begehrens sowie zur Metapher für Natur und Vergesellschaftung zugleich. Auch in der Filmgeschichte finden sich unzählige stilisierte Darstellungen – von ihrer Glorifizierung bis zu ihrer Dämonisierung. Mütter sehen sich einer utopischen Vielzahl an Zuschreibungen und Pflichten ausgesetzt, die sie in Positionen zwingen, an deren Ansprüchen alle Beteiligten zwangsläufig scheitern müssen. Die Mutter-Kind-Beziehung wiederum kann eine der bedeutendsten unseres Lebens sein und ist zugleich die erste, die in unseren gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen verletzt wird. Eine „gute“ Mutter im falschen System kann es nicht geben. Zurück bleiben Verwundungen.

Der erste Mondzyklus nimmt sich dieser Verwundungen an. In fünf starken Filmen aus verschiedenen Teilen der Welt verhandeln Filmemacherinnen die Beziehungen zu ihren Müttern, teilen ihre Erfahrungen und geben Einblicke in ihre Gefühlswelten. Entstanden sind liebevolle sowie kritische Andenken und Auseinandersetzungen mit diesen ihnen nahestehenden und doch oft fremden Wesen. Mit hoher Sensibilität und konfrontierender Ehrlichkeit wird beider Verletzlichkeit im Versuch um gegenseitiges Verständnis offengelegt.

Mit Hilfe der Kamera, die ihnen als professionelle Distanz, aber auch als Portal in eine intime Welt dient, reflektieren die Filmemacherinnen ihr Tochtersein: das Bedürfnis nach Autonomie und Abgrenzung und den Wunsch nach Anerkennung. Verschiedene Lebensentwürfe stehen sich gegenüber, Unausgesprochenes kommt ans Licht, Momente von Versöhnung und Vertrautheit wechseln sich ab mit Momenten der Distanzierung. In diesen konkreten Mutter-Tochter-Konflikten schwingen stets große gesellschaftliche Fragen mit.

Die Filmemacherinnen haben eigene Wege gefunden, ihrer Biografie zu begegnen und diese aufzuarbeiten. Durch ihre Arbeit sind sie sich selbst näher gekommen, in ihre Kraft und auch in ihre politische Handlungsfähigkeit. Mit ihren couragierten Werken laden sie uns dazu ein, unsere eigene Mutterwunde tiefer oder ganz neu zu betrachten.

Team
Gesamtkuration: Vera Hofmann
Assistenz: Felix Roadkill

Raumarchitektur mit Carolin Gießener und Théo Demans

Vera Hofmann arbeitet als Künstlerin und ist im Vorstand des Schwulen Museums.

12 Monde wird im Rahmen des Projekts Jahr der Frau_en von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa gefördert.