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Dem Künstler Peter Flinsch zum 80. Geburtstag: Männerbilder. Privatfotos 1900 – 1950

9. August 2000 – 19. November 2000

Der 1920 in Leipzig geborene Maler, Grafiker und Zeichner Peter Flinsch wuchs in einer künstlerisch geprägten Familie auf. Nach seiner Schulzeit im Reforminternat Schloß Ettersburg wurde er eingezogen und in Berlin stationiert. Hier wurde er 1942 nach einer Weihnachtsfeier wegen Vergehen gegen den § 175 verurteilt, für drei Monate in das Gefängnis Torgau verbracht und anschließend zur „Frontbewährung“ entlassen. Nach Kriegsende arbeitete er als Bühnenbildner in Chemnitz, Berlin und Gießen. In Berlin lernte er den Tänzer Heino Heiden kennen, zu dessen Atelierfesten Exponenten der Theater- und Kunstszene wie O.E. Hasse, Marcus Behmer und Werner Heldt kamen. Zusammen mit Heiden ging er 1951 nach Paris und übersiedelte 1954 nach Kanada. Hier arbeitete er zunächst für das Vancouver-Ballett und engagierte sich beim Aufbau des kanadischen Fernsehens, für das er bis zu seiner Pensionierung 1985 als künstlerischer Mitarbeiter tätig war. Neben zahlreichen Arbeiten auf Papier aus unterschiedlichen Schaffensperioden, in denen sich Flinsch mit seiner Homosexualität auseinandersetzt, illustrieren in der Ausstellung Fotografien, Skizzen und Tagebücher seinen Lebensweg und seine Freundschaften. Ein Großteil der ausgestellten Arbeiten, Fotos und Dokumente geht anläßlich der Ausstellung als großzügiges Geschenk von Peter Flinsch in den Besitz des Schwulen Museums über.

 

Privatfotos 1900 – 1950

Daneben werden erstmals mehr als 100 Fotografien aus einer Berliner Privatsammlung gezeigt, die im Zeitraum von 1900 bis 1950 entstanden sind. Die recht privaten Aufnahmen wurden auf dem Flohmarkt und im Trödel gefunden. Sie stammen aus Nachlässen und Privatalben zumeist aus Berlin. Abgebildet wurden Zuneigung und Freundschaft, aber auch Wünsche und erotische Begierden.

Die Fotografien sind Zeugnisse des damaligen Spannungsverhältnisses zwischen intimen Situationen und dem Wunsch nach Präsentation derselben und ihrem bildlichen Festhalten. Privatheit und Öffentlichkeit verschwimmen. Viele der Fotografien entstanden im öffentlichen Raum und zeugen vom Selbstbewußtsein der Abgebildeten.

Die dargestellten Männer sind als Paare vor die Kamera getreten, Männer, denen es ein inneres Anliegen war, in ihrer Zuneigung dokumentiert und sichtbar zu werden. Ein Teil der Fotografien wurde gar als Postkarte benutzt und so schon damals einer weiteren Öffentlichkeit präsentiert. Unklar bleibt, ob es sich durchgängig bei den Abgebildeten nur um Homosexuelle handelt oder auch um Heterosexuelle.

Neben den Freundespaaren werden frühe Männerakte gezeigt, die in ihrer erotischen Ausstrahlung auch als Wunschbilder gelesen werden können. Daneben gibt es Bilder von Männern als Frauen und umgekehrt zu sehen, die von ganz anderen Wünschen erzählen.

Zur Ausstellung wurde eine Postkarten-Serie mit den gezeigten Motiven aufgelegt, weitere werden folgen.

Kurator: Andreas Sternweiler