Aus Anlass des 20-jährigen Todestages präsentiert das Schwule Museum in Kooperation mit der Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, in seiner Reihe Spurensuche eine Ausstellung über den homosexuellen Kostümbildner Paul Seltenhammer. Als „Meister seines Fachs“ geschätzt, wurde er, wie bei Kostümbildnern üblich, kaum rezipiert. Die Motive hierfür mögen in seiner persönlichen Bescheidenheit liegen, aber auch im allgemein mangelnden Bewusstsein von der spezifischen Kreativität dieses Berufs im Kultur- und Kunstbetrieb.
Die Lebens- und Arbeitsstationen des gebürtigen Wieners waren Berlin, Wien und Paris. In den 20er Jahren arbeitete er bereits erfolgreich für internationale Revuetheater. In Paris prägte er mit seinen Kollegen Charles Gesmar, Erté (Romain de Tirtoff) den legendären Ruf dieser Bühnen und ihrer Ausstattung. Nach der Inflation 1929 und dem Siegeszug des Tonfilms verloren diese Revuen ihr Publikum. Für aufwendige Ausstattungen fehlte das Geld. Während der NS-Zeit fand Seltenhammer als Klassenlehrer für Theaterkostüm an der Berliner Textil- und Modeschule ein Auskommen. In der Nachkriegszeit arbeitete er als Kostüm- und Szenenbildner für den Friedrichstadtpalast und die Berliner Opernhäuser, bevor er seine Aufmerksamkeit dem Film und Fernsehen zuwandte. Er entwarf Plakate und gestaltete Ausstellungen. Seine Karriere beendete er mit TV-Serien.
Die Exponate stammen aus Paul Seltenhammers verschiedenen Arbeitsperioden. Originalfigurinen, Szenenfotos aus Filmen und von Theateraufführungen sowie zeithistorische Dokumente geben Einblicke in sein vielseitiges Talent und handwerkliches Können. Ein besonderes Exponat ist das Album, welches der langjährige – inzwischen verstorbene – Freund Michael Ostwald nach Seltenhammers Tod anlegte und das Reproduktionen aus dem verschwundenen Nachlass enthält. Es dokumentiert nicht nur das Lebenswerk Seltenhammers, sondern zeigt auch Ostwalds Bewunderung für den geliebten Freund.
Die Kuratorin Heike Stange, die sich seit Jahren um das Werk von Seltenhammer bemüht, hat diese Ausstellung für das Schwule Museum aus vielen Berliner Archiven und Museen zusammengetragen. Wir danken unserem Kooperationspartner Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin für die großzügige Unterstützung. Des Weiteren gilt unser Dank folgenden Institutionen: Stiftung Stadtmuseum Berlin, Akademie der Künste, Deutsche Kinemathek, Deutsche Oper und Friedrichstadtpalast und den Schülerinnen aus Seltenhammers Klasse, besonders Ingeborg Weber. Zur Ausstellung erscheint eine CD mit einem Beitrag von Heike Stange, zahlreichen Abbildungen und einem Werkverzeichnis. Mit der Präsentation der Spurensuche zu Paul Seltenhammers Leben und Werk erhofft sich das Schwule Museum weitere Hinweise auf bisher Unbekanntes.
Kurator_innen: Heike Stange, Wolfgang Theis