burger Button

Eldorado: Geschichte, Alltag und Kultur homosexueller Frauen und Männer in Berlin von 1850-1950

26. Mai 1984 – 8. Juni 1984

Die geplante Ausstellung wurde von einer Gruppe Homosexueller angeregt, die selbst teilweise im Kulturbereich tätig sind. Erst durch diese Anregung ist die Leitung des Museums auf das Thema aufmerksam geworden.

Mit dem Aufstieg zur weltstädtischen Metropole wurde die Stadt Berlin zum Anziehungs- und Fluchtpunkt der Homosexuellen, die den sozialen Kontrollen und Verfolgungen der Provinz entkommen wollten, um in der Anonymität der Großstadtunterzutauchen. Der große Zustrom von homosexuellen führte zur Ausbildung einer vielseitigen und facettenreichen Subkultur und einem nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das öffentliche Leben Berlins. Berlin war Ausgangspunkt für wissenschaftliche Aufklärungsbestrebungen. 1897 gründete Dr. Magnus Hirschfeld das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee, das der spätere Träger des ersten sexual-wissenschaftlichen Instituts der Welt war.

Sowohl im Kaiserreich als auch in den Zwanziger Jahren gehörte die Kunst der Homosexualität aber auch ihre gesellschaftliche Situation zu dem wichtigen Bestandteil der Großstadt Berlin. Gerade in der Weimarer Republik beschäftigten sich bekannte Künstler mit diesem Thema, wie Christian Schad, Otto Dix, Fidus oder Jeanne Mammen. Das Berlin der Weimarer Republik ist ohne seine homosexuellen Mitbürger, die einerseits das verruchte Flair einer „wirklichen Weltstadt“ verkörperten und andererseits die traditionelle Liberalität auch für sich selbst forderten, nicht denkbar. Ein Stadtmuseum hat die Aufgabe, solche Aspekte der verdrängten Geschichte einer „Minderheit“ darzustellen und ins allgemeine Bewusstsein zu rücken.

Übersicht über den Ausstellungsteil lesbisches Leben in Berlin 1850–1950:
– Geschichte (Prozess des Sichtbarwerdens, Identitätsfindung und Diskriminierung)
– Kultur (Darstellung lesbischer Lebensweise in der darstellenden Kunst, Literatur, Theater, Film und Kabarett)
– Subkulturelle Kontaktnetze (Bars, Clubs, politische Vereinigungen, Zeitschriften)

Übersicht über den Ausstellungsteil Homosexuelle Männer in Berlin 1850 – 1950:
– Vorläufe rund Anfänge der Bewegung (Johann Ludwig Casper, Karl Heinrich Ullrichs die Wegbereiter einer homosexuellen Identifikationsfindung)
– Kaiserreich (Antikensehnsucht (die Kunst um 1900), Emanzipationsbewegung (Hirschfeld gründet 1897 das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee, Brand und Der Eigene, Eulenburgskandal), Literatur, Theater, Treffpunkte, Homosexuelle und der Erste Weltkrieg)
– Weimarer Republik (Emanzipationsbewegung (Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft, Radszuweit und der Bund für Menschenrecht), Filme, Literatur, Theater, Kunst, Lokale und Bars, Bäder, Prostitution, Jugendbewegung)
– Faschismus (Zerstörung des Instituts für Sexualwissenschaft, Röhm-Putsch, Verschärfung des § 175 StGB 1935, Antihomosexuelle Propaganda, KZ, „Ersatzlokale“, Leben im Faschismus)
– V. Nachkrieg (Die Situation nach 1945, Ansätze einer neuen Emanzipationsbewegung, Wiedergutmachungsprozesse, Filme)

Kuratoren: Manfred Baumgardt, Andreas Sternweiler, Wolfgang Theis, Manfred Herzer