magazin + archiv yearofthewomen.net
2018 rief das Schwule Museum das JAHR DER FRAU_EN aus und stellte im gesamten Jahresprogramm (queer-) feministische Perspektiven und die Positionen von FLINTA* in den Mittelpunkt. Das Anliegen dieser queer-feministischen Langzeit-Intervention war es, die adäquate Teilhabe und Selbstrepräsentation von Frauen*, Lesben, inter*, nichtbinären, trans* und agender Personen (FLINTA*) in der weltweit größten Institution für die Geschichte und Kultur von LGBTQIA+ dauerhaft zu etablieren sowie Community-rückgebundene queer-/feministische, antirassisische, intersektionale Politiken in den Strukturen und Werten des Hauses zu verankern. Sie wirkte in alle Ebenen des Museums hinein und stärkte es als Ort des gemeinsamen Lernens mit und von mehrfach marginalisierten Menschen. Statt lediglich deren Positionen additiv zu repräsentieren, öffnete sie die Institution grundlegend für die Artikulation komplexer politischer und ästhetischer Intersektionen. Für das Schwule Museum selbst markierte das Projekt eine institutionelle Wende: selbstkritisch, vielstimmig, komplex, spannungsreich, hoch geschätzt und heftigst umstritten und das erfolgreichste Programm in der langen Geschichte des SMU veränderte es die Programm- und Sammlungspolitik und Organisationsstrukturen des Museums nachhaltig.
Nun geht eine vielschichtige Dokumentation des Projekts mit der Webseite yearofthewomen.net online. Das digitale Archiv ist formal und inhaltlich ein neuer Sammlungs-Bestand des Archivs des SMU und damit gleichsam eine zweite Intervention in die Sammlungspolitik des Hauses.
Die Künstler*in und Kurator*in der Webseite, Vera Hofmann war als Mitglied des ehrenamtlichen Vorstands von 2016-2020 maßgeblich an den strategischen Entscheidungen des SMU beteiligt und kuratierte zusammen mit Birgit Bosold das JAHR DER FRAU_EN. Hofmann widmete sich in den letzten zwei Jahren der Archivierung und Reflexion des Projekts. Entstanden ist eine in dieser Form bisher einzigartige umfangreiche Bestandsaufnahme zeitgenössischer und teils bereits historisch gewordener aktivistischer Kunst, Kultur und Theorie von FLINTA* mit Schwerpunkt Berlin und internationalen Perspektiven.
Die Website bietet über verschiedene mediale Zugänge Einblicke in die Komplexität des Projekts und knüpft an die kollektive Atmosphäre an, die es prägte. Transparent, vielstimmig und sorgsam nimmt sie sich dieser intensiven „Intervention von innen“ an und lotet unter anderem auch Möglichkeiten der öffentlichen Besprechung von Konflikten aus. Die Website versammelt die vielen losen Fäden des Projekts und verdichtet sie präzise in Dokumentation, Aufarbeitung und Transformation. Die Website ist in zwei Bereiche gegliedert: Das Archiv, in dem alle im JAHR DER FRAU_EN* produzierten Inhalte rund um 9 Ausstellungen und 131 Veranstaltungen einfach strukturiert gespeichert sind und das Magazin, eine Metaebene der Reflexion, mit derzeit 39 Beiträgen und Platz für Fortschreibung.
Das Projekt ist damit best practice in mehrfacher Hinsicht: Es zeigt, wie digitales Archivieren bewerkstelligt und insbesondere wie Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramme und sogar Prozesse und Affekte archiviert werden können. Es ist eine vielschichtige Quellenbasis für alle, die museumswissenschaftlich, zeithistorisch oder auch als Interessierte zu Fragen der zeitgenössischen queeren Kultur und Politik und queer-/feministischem Kuratieren im Besonderen forschen wollen. Zugleich ist das Magazin eine offene und öffentliche Plattform für diejenigen Aushandlungsprozesse, die Geschehenes in Geschichte transformieren und damit das kollektive Gedächtnis formen.
yearofthewomen.net
magazin + archiv JAHR DER FRAU_EN
Herausgeberschaft: Vera Hofmann und Schwules Museum
Konzeptionen, Redaktion, Umsetzung: Vera Hofmann
Gestaltung und Programmierung: Toni Brell
Im Archiv: 9 Ausstellungen und 131 Events
Magazinbeiträge von: Ulrike E. Auga, shofie bahalwan, Stephanie Bart, Roswitha Baumeister, Krista Beinstein, Lina Bembe, Atlanta Ina Beyer, Birgit Bosold, Casa Kuà, Giulia Casalini, Dajing, Luce deLire, Farzada Faarkhooi, Va-Bene Elikem Fiatsi, Sanni Est, Candy Flip, Nika Fontaine, Johanna Gehring, Lena Rosa Händle, Vera Hofmann, Mehlab Jameel, Carina Klugbauer, Marinka Körzendörfer, Komminuτέρας, Lasse Långström, Juliette Lizotte, Taey Iohe, Sadie Lune, Barbara Mahlknecht, Verena Melgarejo Weinandt, Birga Meyer, Saadat Munir, gorjeoux moon, Rosa Navarrete, Gisela Notz, Katharina Oguntoye, Marit Östberg, Paulita Pappel, Luan Pertl, Jamila Prowse, Neeli Rana, Julia von Randow, Helena Reckitt, Claudia Reiche, Emilia Roig, Sylvia Sadzinski, A.L. Steiner, Barbara Teufel, Chris. E Vargas, Lorenz Weinberg, Gisela Fux Wolf, Patricia Zamorano, Dot Zhihan Jia
Mitarbeit: Antje Achenbach, Victoria Anderson, Birgit Bosold, Johanna Gehring, Joris Kern, Sebastian Kraus, Therese Koppe, Andrea Lassalle, Sydney Ramirez, Zoya
Gefördert von der Stiftung Kunstfonds