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Rinaldo Hopf – TRICKSTER

11. September 2013 – 10. Oktober 2013

Die Bedeutung von „Trickster“ changiert zwischen „Halunke, Gauner, Schelm“ und mythischen göttlichen Zauberern. Auf jeden Fall sind es Figuren, die sich nicht an Regeln der Geschlechternorm oder des „Anstands“ halten, die sich auflehnen, Widerstand üben. Solche Menschen werden auf Rinaldo Hopfs Aquarellen, Gemälden oder Plakatübermalungen lebendig. Anlass der Ausstellung ist das Erscheinen eines retrospektiven Bildbandes zum Schaffen des Künstlers, ausgewählt und mit Texten von Wieland Speck, Ralf König, Lena Braun, Frank Wagner, Edward Lucie-Smith u.v.a.

Ausstellung und Kunstband zeigen eine Auswahl der Werke des 1955 in Freiburg geborenen Berliner Künstlers aus den Jahren 1968 bis 2013.

Zur Vernissage am 10.9.2013 wird Kurator Wolfgang Theis zusammen mit Rinaldo Hopf und Überraschungsgästen in das Werk des Künstlers einführen.

Die Finissage am 8.10.2013 ist zugleich die Buchpremiere. Mit einer Lesung und Performance präsentieren Künstler, Kurator und Gäste den druckfrischen Bildband TRICKSTER.

Ende der 70er Jahre begann Rinaldo Hopf sein Kunststudium  in San Francisco, das in diesen Jahren vor AIDS den Höhepunkt der Schwulenbewegung erlebte. Kaum in der Stadt angekommen, hatte der angehende Künstler dort sein Coming Out und zog in eine Kommune im Castro District. Die Zeit in San Francisco mit seinen aufeinander folgenden Befreiungsbewegungen: Beatniks – Hippies – Schwulenbewegung und mehr – war für ihn prägend. Im Nachbarhaus wohnten die Bandmitglieder der Woodstock-Legende Jefferson Airplane, am Institute of Asien Studies, wo Rinaldo neben Kunst Ethnologie und Religionen studierte, unterrichtete Allen Ginsberg. All diese Begegnungen bildeten die Basis für die seit 1998 bis heute sich ständig erweiternde Serie Golden Queers, Rinaldos international bekanntestes Projekt, in dem sich Rebellentum mit Geschichte, Glamour und Pop verbindet.

Ab Mitte der 80er Jahre lebt der Künstler überwiegend in Berlin, wo er sich unter anderem intensiv mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzt. Mit malerischen Mitteln stellt er die gleichgeschalteten Menschenmassen in Inszenierungen a la Leni Reifenstahl (mit starken homoerotischen Untertönen) Einzelkämpfern gegenüber wie den Geschwistern Scholl und dem jüdischen Strichjungen Herschl Gynszpan, der in der Deutschen Botschaft in Paris den versteckt schwulen Legationssekretär Ernst Eduard vom Rath erschoss, als er von der Deportation seiner in Hannover ansässigen Familie erfuhr. Grynszpans Tat löste am 9. November 1938 die so genannte  Reichskristallnacht aus.

Ein weiteres Projekt, in dem Rinaldo sich mit der deutschen Geschichte auseinandersetzt, ist Der Goldene Hans. Hier kopiert der Künstler unbekümmert ein Passfoto, das ihn als 13jährigen zeigt, mitten in diverse Gruppen von Jugendlichen: die jüdische Sportjugend Berlin 1936 – Hitlerjugend bei einer Soldatenweihnacht in Stalingrad 1943 – tätowierte Rocker in Hamburg 1955 – und einen Mädchen-gesangsverein im Taunus 1968. Aufgrund des androgyn wirkenden Ausdrucks auf dem Passbild wirkt er abwechselnd jungenhaft frech, aggressiv und überheblich – und dann wieder auf blumigem Untergrund mädchenhaft verträumt.

All diese Werkgruppen werden in der Ausstellung sowie im Kunstbuch vorgestellt. Hinzu kommen die provokanten Umdeutungen von Filmplakaten zu Ikonen schwuler Lust, den Golden Cocks, sowie exotische Reisebilder und die aktuelle Serie Karma mit lebensgroßen erotischen Akten in Aquarell.

Last but not least das Rendezvous der Freunde: ein riesiges Gruppenbild, über das Ralf König im Buch schreibt: „… Die Scham ist vorbei, denn es gibt nichts zu schämen! Wir sehen den Regisseur Rosa von Praunheim, die Dichter Detlev Meyer und Mario Wirtz, wir sehen den Verleger Egmont Fassbinder, die Aktivisten Jürgen Baldiga und Napoleon Seyfarth und einige mehr. Und, als Venus von Milo mittendrin Charlotte von Mahldorf: Ein Mann geht ihren Weg. Rinaldos Portrait ist farbenfroh und zurückgenommen zugleich und erinnert an ein Fresko, das von den Jahren bereits hier und da blasser wird. Dabei bewirkt Rinaldos Arbeit das genaue Gegenteil:  Er gießt die Helden in Gold und trägt so dazu bei, dass sie noch eine ganze Weile unter uns bleiben.“ Dieses Gruppenbild, das eine bewusste Parallele zum gleichnamigen Gruppenbild der Pariser Surrealisten von Max Ernst herstellt, erhält das Schwule Museum nun als Schenkung.

„These works demonstrate the power of painting.“ Mit diesen Worten beschrieb Jackie Kennedy Onassis 1992 Rinaldo Hopfs Bildzyklus zu den Opfern des NS-Regimes anlässlich einer Ausstellung in der New Yorker Galerie Wessel & O’Connor. Auch dieser Zyklus ist in TRICKSTER vertreten.

Kurator: Wolfgang Theis