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Ehrenamtliche*r des Monats: Olaf Eberhardt

1. Mai 2022

 „Es ist schön, sehen zu dürfen, wieviel queeres Leben es gibt, vom Themenblock Intergeschlechtlichkeit bis hin zu Transidentitäten.“

Nachdem Olaf Eberhardt aus Wiesbaden nach Berlin gezogen ist, bat ihm das Museum direkt ein Ort des Willkommens an. Er hat fast alle Bereiche des Ehrenamts hier im SMU einmal durchleben dürfen und viel über die facettenreichen Erlebnisse zu erzählen. Mehr dazu erfahrt ihr hier im Interview.

SMU: Stell dich gerne mal in drei kurzen Sätzen vor.

Olaf: Ich bin Olaf, wohne seit ungefähr 22 Jahren in Berlin und komme ursprünglich aus Wiesbaden. Ich habe Berlin während meiner Schulzeit öfters besucht und da dachte ich mir: „Hier kann ich mir vorstellen zu wohnen.“ Ich bin dann hierhergezogen, als ich meinen Job in Wiesbaden verloren habe. Damals waren auch die Mieten in Berlin noch günstig. Hauptberuflich bin ich Kundenberater bei einer Versicherung. Ich lese sehr gerne, spiele Tischtennis, fahre Fahrrad und schaue und beschäftige mich gerne mit Filmen.

Was für Filme schaust du dir am liebsten an?

Filme, die sich mit Gesellschaft oder auch mit Familienkonstellationen beschäftigen. Um ein Beispiel zu nennen: „Alle reden von Jamie“. Es geht um einen jungen Schüler, der seine weibliche Seite entdeckt und sich für Drag Shows interessiert. Das ist ein Musicalfilm und spielt in England. Aber an sich habe ich eigentlich nicht wirklich einen Schwerpunkt.

Okay, und wie bist du auf das Schwule Museum aufmerksam geworden? Wann und wie begann dein ehrenamtliches Engagement im Haus?

Das Museum war damals noch am Mehringdamm und ich habe zwei Straßen weiter gewohnt. Ich bin öfters daran vorbeigelaufen und habe mir die eine oder andere Ausstellung angesehen. Irgendwann hat es sich ergeben, dass jemand für ein Ehrenamt in der Verwaltung gesucht wurde. Das konnte ich mir dann gut vorstellen, weil ich eine Ausbildung als Bürokaufmann gemacht hatte. Dann kam es zum Vorstellungsgespräch mit Tom und dem damaligen Verwaltungsleiter. Später ist das Museum umgezogen und da ich mich für Literatur interessiere, habe ich dann für ein paar Jahre in der Bibliothek gearbeitet. Dort habe ich verschiedene Tätigkeiten übernommen wie die Aufnahme von Büchern in die Datenbank, Bücher in Regale einsortiert und auch die Beratung der Besucher*innen. Das habe ich ein oder zwei Mal die Woche gemacht. Das war auch sehr schön – bis ich leider ziemlich schwer erkrankt bin. So bin ich dann später zum Aufsichtsdienst gekommen.

Wir sind froh, dich zu haben! Wie sieht dein Ehrenamt als Aufsicht so aus?

Die Technik ein- und ausschalten, gelegentlich Fragen der Besucher*innen beantworten oder nachschauen, ob alles in Ordnung ist. Als Aufsicht bekommst man die verschiedenen Ausstellungen mit und es besteht mehr Kontakt zu den anderen Ehrenamtler*innen als in der Bibliothek. Aber perspektivisch spiele ich mit der Idee, erneut in die Bibliothek zurückzukehren. Mit den Ausstellungen wird gezeigt, wie viele Facetten es innerhalb der queeren Gemeinde gibt, wie z.B. die Ausstellungen „Mercury Rising – Inter* Hermstory[ies] Now and Then“ und „Encantadas: Transzendentale Kunst aus Brasilien“ und der eigene Horizont wird stark erweitert. Als ich hier im Museum angefangen habe, war der Schwerpunkt eher auf schwules Leben/schwule Bewegung. Nach dem Umzug hat es sich deutlich mehr in Richtung queer verbreitet und das ist eine Entwicklung, die mir sehr gut gefällt.

 

Das ist so süß. Warum ist das Museum für dich so ein besonderer Ort?

Ein weiterer Grund, wegen dem ich ursprünglich zum Museum gekommen bin, war, dass ich in Wiesbaden Repression und zum Teil Ablehnung innerhalb der Familie und von Freund*innen erfahren habe. Das war für mich der Auslöser, mich für die Community und die Institution zu interessieren. Ich finde es wichtig, dass es ein Museum gibt, welches sichtbar ist, über das geredet wird und queeres Leben darstellt. Ich bin froh, ein Teil davon zu sein und mithelfen zu können. Es ist schön, sehen zu dürfen, wieviel queeres Leben es gibt, vom Themenblock Intergeschlechtlichkeit bis hin zu Transidentitäten und alles, was es sonst noch so gibt.

Was war dein schönstes Erlebnis im SMU?

Das schönste Erlebnis war der Umzug vom Mehringdamm hierher. Das war ein rauschendes Fest. Klaus Wowereit, andere Kultursenatoren*innen und viele Prominente aus der Community waren auch dabei. Es war richtig schön, diese Leute kennenzulernen oder zumindest einmal kurz zu erleben. Es war jedenfalls ein großartiges Erlebnis mit mindestens 200-300 Besucher*innen. Ich erinnere mich gerne daran zurück. Aber dann sind es auch kleinere Begegnungen hier im Museum mit einzelnen Besucher*innen oder auch die Ehrenamtstreffen, die ich mag.

Gibt es eine oder mehrere SMU-Ausstellungen, die dir besonders gefallen haben?

Besonders schön fand ich die Ausstellung „100 Objekte“. Das war eine Ausstellung, die Kunstwerke, Malereien, Bücher, Plakate etc. aus dem Archiv gezeigt hat. Es wurden viele verschiedene Bereiche des queeren Lebens abgedeckt. Neulich gab es eine Ausstellung, die nannte sich „arcHIV. eine Spurensuche“. Die hat mir besonders gut gefallen, weil man dort einen Einblick in die Arbeit der Bibliothek bekommen hat. Es wurde auch die Geschichte der Bewegung zum Thema HIV Aids vermittelt. Bemerkenswert ist, dass alle Gegenstände aus dem SMU-Archiv stammen und die Ausstellung von Ehrenamtler*innen kuratiert wurde. Auch die Ausstellung „Anders als die Andern“ fand ich prima. Hierbei ging es um den ersten schwulen Film, der 1919 gedreht worden ist. In der Ausstellung wurde ein ganzer Raum mit Plakaten und Filmausschnitten gezeigt. Ich liebe es, wie unheimlich viele Ausstellungen es hier im SMU immer gibt.

Gibt es etwas, das dir im Museum fehlt? Oder etwas, das du gern ändern oder verbessern möchtest?

Ich fände es gut, wenn man das Schwule Museum umbenennen würde. Viele Besucher*innen kommen gegenwärtig mit nicht ganz richtigen Erwartungen in das Museum. Es könnte vielleicht in „Museum für queeres Leben“ umbenannt werden. Vielleicht könnte man auch zukünftig die Ausstellungstexte in einfacher Sprache verfassen, da viele Texte sehr anspruchsvoll geschrieben sind mit vielen Begriffen aus der Queer-Theorie. Das ist für viele Besucher*innen wie auch mich schwer zugänglich.