„Das SMU ist ein Raum der Begegnung“
Wenn Philipp nicht gerade durch Berlin radelt oder seine Nase in queere Bücher steckt, ist er im SMU anzutreffen. Seit Anfang 2020 arbeitet er als Ehrenamtlicher im Museumsdienst. Dabei schätzt er das Museum als queeren Raum der Begegnung fernab der Berliner Partykultur. Im Interview erzählt er von seiner Tätigkeit und seinen Visionen für das Museum.
SMU: Stell dich doch mal in drei kurzen Sätzen vor: woher kommst du, was machst du hauptberuflich, was sind deine größten Hobbies und Leidenschaften?
Philipp: Ich bin Philipp, bin 30, komme ursprünglich aus Luckenwalde in Brandenburg und bin jetzt seit 10 Jahren in Berlin. Ich habe Sozialwissenschaften und Religion und Kultur studiert, mit ein paar Stationen im Ausland. Jetzt arbeite ich als Vorstandsreferent bei einer Berliner Genossenschaftsbank. Meine Hobbies und Leidenschaften… ich habe gar nicht so explizit eine Sache, die ich betreibe. Ich habe zum Glück in der Pandemie angefangen, sehr viel zu lesen und konzentriere mich grade auf queere Autor*innen und queere Themen. Da lese ich gerade alles, was mir zwischen die Finger kommt. Und ansonsten bin ich sehr viel sportlich aktiv: Auf dem Rad durch die Stadt, segle auf dem Schartmützelsee, mache Yoga, und ich habe diesen Sommer surfen für mich entdeckt.
Wie bist du zum ersten Mal mit dem Schwulen Museum in Berührung gekommen? Wann und wie begann dein ehrenamtliches Engagement im Haus?
Ich bin noch gar nicht so lange dabei, erst seit 2020. Ich habe 2019 in Frankfurt am Main gelebt, bin dann zum Jahreswechsel wieder nach Berlin gezogen und habe beschlossen, dass ich mich ehrenamtlich engagieren möchte. Und dann kam ich sofort aufs Schwule Museum, ich hatte vor einer Weile eine Ausschreibung gesehen. Ich habe mich auf der Website nochmal informiert und hatte hier ein Gespräch. Ein oder zwei Wochen später war ich dann als Ehrenamtler dabei. Der Grund, weshalb es das Schwule Museum geworden ist, war, dass ich immer sehr gerne hier hingekommen bin. Und da traf es sich gut, dass ich mich ohnehin im kulturellen Bereich engagieren wollte.
Was genau machst du im Museum, was sind deine Aufgaben, wie oft bis du da? Was machst du besonders gern dort?
Ich bin im Museumsdienst und bin da entweder im Café oder in der Aufsicht. Im Café bereite ich Getränke zu und bediene Gäste, in der Aufsicht sind wir Ansprechpersonen für die Besucher*innen, wenn sie grundsätzliche Fragen haben oder sich einfach über die Ausstellung austauschen wollen. Zur Öffnung des Museums sind wir verantwortlich, alles hochzufahren, einzuschalten, damit alle, die kommen, die Ausstellung so sehen können, wie sie geplant war.
Warum ist das Museum für dich ein wichtiger und besonderer Ort?
Ich habe dazu immer drei Gedanken im Kopf. Der erste ist, dass ich die historische Perspektive total wichtig finde – gerade für unsere Community, den Blick auf die eigene Geschichte zu haben. Denn das ermöglicht, die Emanzipation, die schon erreicht wurde, in den Kontext zu setzen und in ihrer Geschichte wertzuschätzen. Was ist noch zu tun, heute und in der Zukunft? Das ist der zweite Punkt, der für mich wichtig ist: Dass es ein Ort ist, an dem wir entdecken können, wie LGBTIQ-Themen heute verhandelt werden. Deshalb ist ein Museum für mich auch immer ein Reflexionsraum über das Jetzt und die Zukunft. Und für mich ganz persönlich ist das Museum wichtig, weil es ein Ort der Begegnung ist. Ich finde, es gibt gefühlt immer weniger queere Räume der Begegnung oder oft werden queere Räume in einen Partykontext gesetzt. Aber es gibt auch eine andere Seite von Begegnung, und das gibt’s im Schwulen Museum.
Was war dein schönstes Erlebnis im SMU? Gibt es eine SMU-Ausstellung (oder auch mehrere), die dir besonders in Erinnerung geblieben ist? Oder eine Veranstaltung?
Ich glaube, das Sommerfest. Ich habe ja in der Pandemie hier angefangen und deshalb habe ich die Menschen, die hier arbeiten, und andere Ehrenamtliche lange nicht gesehen. Das Sommerfest war die Gelegenheit, um zu sehen, wer alles involviert ist, wer alles zum Schwulen Museum dazugehört. Das fand ich cool, weil ich da viele Leute kennenlernen konnte. Ausstellungsmäßig fand ich die Ausstellung »Homosexualität_en« ganz bemerkenswert. Das war, glaube ich, die erste Ausstellung, die ich hier gesehen habe. Zuletzt mochte ich »Rosarot in Ost-Berlin« sehr gerne, über LGBTIQ in der ehemaligen DDR.
Gibt es etwas, das dir im Museum fehlt? Oder etwas, das du gern ändern oder verbessern möchtest?
Eine Möglichkeit wäre vielleicht, das Café ein bisschen auszubauen, dass es nicht nur ein Museumscafé ist, sondern auch öfter als Cafébetrieb geöffnet ist. Das fände ich schön. Und ich würde mir wünschen, wenn wir uns noch mehr Schulklassen öffnen würden. In meiner Schullaufbahn kamen queere Themen auf jeden Fall zu kurz – aber das darf heute gerne anders sein.