burger Button

Objekt des Monats: Fotografischer Nachruf auf Rüdiger Trautsch

1. November 2021

Mit seinen Fotografien, die queeres Leben im Privaten sowie im Öffentlichen künstlerisch verarbeiten, leistete Rüdiger Trautsch einen wichtigen Beitrag für die Sichtbarkeit von queeren Menschen. Der Fotograf war aber nicht nur für seine Dokumentation der Hamburger Szene bekannt: Er porträtierte sogar Persönlichkeiten wie Andy Warhol. Bis zuletzt war er in die Planung seiner nächsten Ausstellung am SMU involviert.

Trautsch‘ Arbeiten waren schon mehrmals im SMU zu sehen: So widmete ihm das Museum im Jahr 2012 eine Werkschau, wo erstmals auch seine grafischen Arbeiten ausgestellt wurden. Trautsch erzählte damals in einem Interview: „Ich sehe das erste Mal meine Bilder in meinem größeren Zusammenhang, weil sie bisher nur in Dateien und Kästen geschlummert sind.“ Danach waren einige seiner Fotografien in den Ausstellungen „Tapetenwechsel“ (2017) oder „100 Objekte“ (2020) zu sehen. Für 2020 war erneut eine Ausstellung zu Trautsch‘ Schaffen geplant – sie musste pandemiebedingt jedoch immer wieder verschoben werden.

Das Persönliche, Alltägliche mit der Kamera festzuhalten interessierte Trautsch schon früh. Bereits sein Studium an der Hochschule für bildende Künste Hamburg schloss er mit einer eindrucksvollen Arbeit ab, für die er einen älteren Homosexuellen ein Jahr mit der Kamera begleitete. In den frühen 80er Jahren waren solche intimen, vielschichtigen künstlerischen Perspektiven auf Homosexualität und Queerness selten vertreten. Auch später zeigte er schwule, lesbische und queere Menschen im Alltag, auf dem Sofa zuhause oder im Bett. So zum Beispiel in seiner Serie „Paare“. Was wenige wissen: Trautsch, der eine umfassende grafische Ausbildung durchlaufen hatte, zeichnete auch. Seinen Vorlass, der neben seinen Fotografien auch einige Zeichnungen enthält, übergab er 2018 dem SMU. Als er hier seinen Vorlass sortierte, kommentierte er beim Anblick der Menge an Frauenportraits amüsiert: „Wie ihr seht, Rüdiger kann auch Frauen!“ Den Bestand mit den fotografischen und zeichnerischen Arbeiten von Rüdiger Trautsch bezeichnet Sammlungsleiter Dr. Peter Rehberg als einen der bedeutendsten im Schwulen Museum.

Am 20. Oktober 2021 starb Rüdiger Trautsch nach längerer Krankheit. Sammlungsleiter Dr. Peter Rehberg resümiert:

„Mit ihm verlieren wir einen bedeutenden schwulen Fotografen in Deutschland und einen sehr liebenswerten Menschen, der hier bei uns im Museum sehr viele Freunde hatte und bis zum Schluss immer neugierig blieb auf die queere Welt der Gegenwart.“

Trautsch‘ Fotografien sind nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Archivs, sondern werden auch weiterhin die Ausstellungen des Museums prägen.

Meret Oppenheim, fotografiert von Rüdiger Trautsch. Galerie Levy, Hamburg 5.11.1982. Foto: Orlando Brix/SMU.